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Landtag von Baden-Württemberg Bericht und Beschlussempfehlung

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<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Drucksache 13 / 4850<br />

194<br />

Deswegen hätte der Dezernent damals eigentlich zu dem damaligen Behördenleiter<br />

kommen müssen <strong>und</strong> ihm die Sache unterbreiten müssen.<br />

5. Günter Hertweck<br />

Generalstaatsanwalt a. D. Hertweck erklärte, dass er vom 1. August 1993 bis zum<br />

30. Juni 1996 Leiter der Staatsanwaltschaft <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> gewesen sei. Das Ermittlungsverfahren<br />

gegen Manfred Schmider <strong>und</strong> Matthias Schmider sei ihm erst<br />

später in seiner Funktion als Generalstaatsanwalt in Karlsruhe bekannt geworden.<br />

Der damals für das Verfahren zuständige Dezernent Oberstaatsanwalt Dr. Klee<br />

habe ihm die Akten nicht vorgelegt. Normalerweise laufe es so, dass alle Neueingänge<br />

beim Behördenleiter eingingen <strong>und</strong> dieser die Sache dann zuteile. Im<br />

vorliegenden Fall habe es eine Besonderheit gegeben, nämlich dass der Aktenvorgang<br />

zu Händen Herrn Oberstaatsanwalt Dr. Klee gerichtet gewesen sei. Eine<br />

solche Verfahrensweise sei nicht verboten, aber auf jeden Fall könne man <strong>von</strong> jedem<br />

Dezernenten – insbesondere <strong>von</strong> einem Abteilungsleiter <strong>und</strong> ständigen Vertreter<br />

des Behördenleiters – erwarten, dass er die Verpflichtung kenne, die sich<br />

aus dem Organisationsstatut der Staatsanwaltschaften (Allgemeine Anlage 5) ablesen<br />

lasse, nämlich dass der Behördenleiter über alle wichtigen Verfahren informiert<br />

werden müsse. Dies sei zu keinem Zeitpunkt geschehen. Dazu müsse man<br />

auch sagen, dass es offensichtlich gewesen sei, dass eine derartige <strong>Bericht</strong>spflicht<br />

nach § 8 Abs. 2 des Organisationsstatuts der Staatsanwaltschaften bestanden habe.<br />

Zudem sei im Hinblick auf die Höhe des Schadens, den Verfahrensgegenstand<br />

<strong>und</strong> die beiden Beschuldigten Manfred <strong>und</strong> Matthias Schmider selbstverständlich<br />

auch mindestens der Generalstaatsanwalt zu informieren gewesen.<br />

Er müsse natürlich auf die Frage eingehen, ob er als Behördenleiter da<strong>von</strong> hätte<br />

wissen können <strong>und</strong> ihm irgendein Organisationsverschulden zur Last gelegt werden<br />

könne. Es habe kein Anlass bestanden, ein entsprechendes Misstrauen gegenüber<br />

Herrn Dr. Klee zu hegen. Dieser sei immerhin jahrelang selbst Abteilungsleiter<br />

der Schwerpunktabteilung Wirtschaftsstrafsachen in Mannheim gewesen.<br />

Wenn man hätte auf Nummer sicher gehen wollen, dann hätte er sich alle damaligen<br />

Verfahren – jedenfalls soweit sie abgeschlossen gewesen seien – vorlegen<br />

lassen müssen. Das sei bei schätzungsweise über 20.000 Verfahren im Jahr<br />

schon vom zeitlichen Aufwand her nicht zu schaffen gewesen. Außerdem würde<br />

dies allen Gr<strong>und</strong>sätzen einer modernen Personalführung widersprechen. Er selbst<br />

sei enttäuscht darüber, dass er nicht informiert worden sei.<br />

Es seien aber nicht nur Fehler in Bezug auf die Nichtinformierung des Behördenleiters<br />

gemacht worden, sondern auch in der Sache selbst. Insofern könne er aber<br />

nicht als Zeuge dienen, sondern lediglich anhand des nachträglich erfolgten Aktenstudiums<br />

eine Bewertung abgeben.<br />

Auf entsprechende Aufforderung führte der Zeuge aus, dass bereits die Art der Vorlage<br />

der Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle des Finanzamts Karlsruhe-Durlach an die<br />

Staatsanwaltschaft <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> etwas merkwürdig gewesen sei. Es gebe nach der<br />

Abgabenordnung in Steuerstrafsachen zwei Möglichkeiten, nämlich die Staatsanwaltschaft<br />

um Übernahme zu bitten oder die Sache selbst, ohne Beteiligung der<br />

Staatsanwaltschaft, durchzuführen. Die Einschaltung der Staatsanwaltschaft sei nur<br />

dann zwangsläufig, wenn eine Anklageerhebung durchzuführen gewesen wäre oder<br />

wenn prozessuale Zwangsmaßnahmen, beispielsweise ein Haftbefehl, in Frage gekommen<br />

wären. Dies sei nicht der Fall gewesen. In diesem Fall hätte die Straf- <strong>und</strong><br />

Bußgeldsachenstelle des Finanzamtes also gewissermaßen als Staatsanwalt für<br />

Steuerstrafsachen dieses Verfahren alleine bearbeiten können. Ihm sei aufgefallen,<br />

dass die Straf- <strong>und</strong> Bußgeldsachenstelle die Staatsanwaltschaft <strong>Baden</strong>-<strong>Baden</strong> nicht<br />

um Übernahme gebeten habe, sondern sie habe die Akten der Staatsanwaltschaft<br />

mit der Bitte übersandt, der vorgesehenen Einstellung zuzustimmen <strong>und</strong> die Akten<br />

sodann mit einem Antrag an das Amtsgericht weiterzuleiten. Wohlgemerkt nicht<br />

mit einem Antrag der Staatsanwaltschaft sondern mit einem Antrag der Straf- <strong>und</strong><br />

Bußgeldsachenstelle. Diese Verfahrensweise bewege sich etwa in der Mitte der<br />

zwei gesetzlich vorgesehenen Verfahren. Er habe sich mit den Staatsanwälten der<br />

Schwerpunktabteilung Wirtschaftsstrafsachen in Mannheim darüber unterhalten, ob<br />

dieses Verfahren üblich sei. Ihm sei bestätigt worden, dass man dies auch noch nie<br />

erlebt habe. Auf Vorhalt der Aussage der Zeugin Heike Gräber vom 15. Januar<br />

2003 im Untersuchungsausschuss „FlowTex“ im Auszug

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