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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64129 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1054<br />

lich, daß die Tugend allein ihrer selbst wegen zu wählen<br />

sei, auch wenn Unglück <strong>und</strong> Schande unausbleiblich<br />

mit ihr verknüpft wäre. Noch mehr aber predigt<br />

das Christenthum eine völlig uneigennützige Tugend,<br />

welche auch nicht wegen des Lohnes in einem Leben<br />

nach dem Tode, sondern ganz unentgeltlich, aus Liebe<br />

zu Gott, geübt wird, sofern die Werke nicht rechtfertigen,<br />

sondern allein der Glaube, welchen, gleichsam<br />

<strong>als</strong> sein bloßes Symptom, die Tugend begleitet <strong>und</strong><br />

daher ganz unentgeltlich <strong>und</strong> von selbst eintritt. Man<br />

lese Luther, De libertate Christiana. Ich will gar<br />

nicht die Inder in Rechnung bringen, in deren heiligen<br />

Büchern überall das Hoffen eines Lohnes seiner<br />

Werke <strong>als</strong> der Weg der Finsterniß geschildert wird,<br />

der nie zur Säligkeit führen kann. So rein finden wir<br />

Kants Tugendlehre doch nicht: oder vielmehr die Darstellung<br />

ist hinter dem Geiste weit zurückgeblieben,<br />

ja, in Inkonsequenz verfallen. In seinem nachher abgehandelten<br />

höchsten Gut finden wir die Tugend mit<br />

der Glücksäligkeit vermählt. Das ursprünglich so unbedingte<br />

Soll postulirt sich hinterdrein doch eine Bedingung,<br />

eigentlich um den Innern Widerspruch los<br />

zu werden, mit welchem behaftet es nicht leben kann.<br />

<strong>Die</strong> Glücksäligkeit im höchsten Gut soll nun zwar<br />

nicht eigentlich das Motiv zur Tugend seyn: dennoch<br />

steht sie da, wie ein geheimer Artikel, dessen Anwesenheit<br />

alles Uebrige zu einem bloßen Scheinvertrage<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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