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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64319 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1244<br />

er es, beim nächsten ähnlichen Fall, wiedererkennt: so<br />

wird er weltklug. Daher kann der <strong>Welt</strong>mann, in der<br />

Regel, seine gesammelte Wahrheit <strong>und</strong> Weisheit nicht<br />

lehren, sondern bloß üben: er faßt jedes Vorkommende<br />

richtig auf <strong>und</strong> beschließt, was demselben gemäß<br />

ist. – Daß Bücher nicht die Erfahrung, <strong>und</strong> Gelehrsamkeit<br />

nicht das Genie ersetzt, sind zwei verwandte<br />

Phänomene: ihr gemeinsamer Gr<strong>und</strong> ist, daß das Abstrakte<br />

nie das Anschauliche ersetzen kann. Bücher<br />

ersetzen darum die Erfahrung nicht, weil Begriffe<br />

stets allgemein bleiben <strong>und</strong> daher auf das Einzelne,<br />

welches doch gerade das im Leben zu Behandelnde<br />

ist, nicht herab gelangen: hiezu kommt, daß alle Begriffe<br />

eben aus dem Einzelnen <strong>und</strong> Anschaulichen der<br />

Erfahrung abstrahirt sind, daher man dieses schon<br />

kennen gelernt haben muß, um auch nur das Allgemeine,<br />

welches die Bücher mittheilen, gehörig zu verstehn.<br />

Gelehrsamkeit ersetzt das Genie nicht, weil<br />

auch sie bloß Begriffe liefert, die geniale Erkenntniß<br />

aber in der Auffassung der (Platonischen) Ideen der<br />

Dinge besteht, daher wesentlich intuitiv ist. Beim ersten<br />

Phänomen fehlt demnach die objektive Bedingung<br />

zur anschauenden Erkenntniß; beim zweiten die<br />

subjektive: jene läßt sich erlangen; diese nicht.<br />

Weisheit <strong>und</strong> Genie, diese zwei Gipfel des Parnassus<br />

menschlicher Erkenntniß, wurzeln nicht im abstrakten,<br />

diskursiven, sondern im anschauenden Ver-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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