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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63465 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 390<br />

bezeichnen <strong>als</strong> die Betrachtungsart der Dinge unabhängig<br />

vom Satze des Gr<strong>und</strong>es, im Gegensatz der gerade<br />

diesem nachgehenden Betrachtung, welche der<br />

Weg der Erfahrung <strong>und</strong> Wissenschaft ist. <strong>Die</strong>se letztere<br />

Art der Betrachtung ist einer unendlichen, horizontal<br />

laufenden Linie zu vergleichen; die erstere aber<br />

der sie in jedem beliebigen Punkte schneidenden<br />

senkrechten. <strong>Die</strong> dem Satz vom Gr<strong>und</strong>e nachgehende<br />

ist die vernünftige Betrachtungsart, welche im praktischen<br />

Leben, wie in der Wissenschaft, allein gilt <strong>und</strong><br />

hilft: die vom Inhalt jenes Satzes wegsehende ist die<br />

geniale Betrachtungsart, welche in der Kunst allein<br />

gilt <strong>und</strong> hilft. <strong>Die</strong> erstere ist die Betrachtungsart des<br />

Aristoteles; die zweite ist im Ganzen die des Plato.<br />

<strong>Die</strong> erstere gleicht dem gewaltigen Sturm, der ohne<br />

Anfang <strong>und</strong> Ziel dahinfährt, Alles beugt, bewegt, mit<br />

sich fortreißt; die zweite dem ruhigen Sonnenstrahl,<br />

der den Weg dieses Sturmes durchschneidet, von ihm<br />

ganz unbewegt. <strong>Die</strong> erstere gleicht den unzähligen,<br />

gewaltsam bewegten Tropfen des Wasserfalls, die<br />

stets wechselnd, keinen Augenblick, rasten: die zweite<br />

dem auf diesem tobenden Gewühl stille ruhenden Regenbogen.<br />

– Nur durch die oben beschriebene, im Objekt<br />

ganz aufgehende, reine Kontemplation werden<br />

Ideen aufgefaßt, <strong>und</strong> das Wesen des Genius besteht<br />

eben in der überwiegenden Fähigkeit zu solcher Kontemplation:<br />

da nun diese ein gänzliches Vergessen der<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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