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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63633 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 558<br />

Theil, wenn auch sonst keinem andern, ernsthafte<br />

Aufmerksamkeit widmen wird. – In der angegebenen<br />

Beziehung würde man, nach der gewöhnlichen Art<br />

sich auszudrücken, den jetzt folgenden Theil unserer<br />

Betrachtung die praktische Philosophie, im Gegensatz<br />

der bisher abgehandelten theoretischen, nennen. Meiner<br />

Meinung nach aber ist alle Philosophie immer<br />

theoretisch, indem es ihr wesentlich ist, sich, was<br />

auch immer der nächste Gegenstand der Untersuchung<br />

sei, stets rein betrachtend zu verhalten <strong>und</strong> zu forschen,<br />

nicht vorzuschreiben. Hingegen praktisch zu<br />

werden, das Handeln zu leiten, den Charakter umzuschaffen,<br />

sind alte Ansprüche, die sie, bei gereifter<br />

Einsicht, endlich aufgeben sollte. Denn hier, wo es<br />

den Werth oder Unwerth eines Daseyns, wo es Heil<br />

oder Verdammniß gilt, geben nicht ihre todten Begriffe<br />

den Ausschlag, sondern das Innerste Wesen des<br />

Menschen selbst, der Dämon, der ihn leitet <strong>und</strong> der<br />

nicht ihn, sondern den er selbst gewählt hat, – wie<br />

Plato spricht, – sein intelligibler Charakter, – wie<br />

Kant sich ausdrückt. <strong>Die</strong> Tugend wird nicht gelehrt,<br />

so wenig wie der Genius: ja, für sie ist der Begriff so<br />

unfruchtbar <strong>und</strong> nur <strong>als</strong> Werkzeug zu gebrauchen, wie<br />

er es für die Kunst ist. Wir würden daher eben so thöricht<br />

seyn, zu erwarten, daß unsere Mor<strong>als</strong>ysteme <strong>und</strong><br />

Ethiken Tugendhafte, Edle <strong>und</strong> Heilige, <strong>als</strong> daß unsere<br />

Aesthetiken Dichter, Bildner <strong>und</strong> Musiker erweck-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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