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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64594 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1519<br />

nachher die Ueberführung. Bei einem umgestoßenen<br />

System, wie bei einer geschlagenen Armee, ist der<br />

Klügste, wer zuerst davonläuft.<br />

Von jener geheimen <strong>und</strong> unmittelbaren Gewalt,<br />

welche der <strong>Wille</strong> über den Intellekt ausübt, ist ein<br />

kleinliches <strong>und</strong> lächerliches, aber frappantes Beispiel<br />

dieses, daß wir, bei Rechnungen, uns viel öfter zu unserm<br />

Vortheil <strong>als</strong> zu unserm Nachtheil verrechnen,<br />

<strong>und</strong> zwar ohne die mindeste unredliche Absicht, bloß<br />

durch den unbewußten Hang, unser Debet zu verkleinern<br />

<strong>und</strong> unser Credit zu vergrößern.<br />

Hieher gehört endlich noch die Thatsache, daß, bei<br />

einem zu ertheilenden Rath, die geringste Absicht des<br />

Berathers meistens seine auch noch so große Einsicht<br />

überwiegt; daher wir nicht annehmen dürfen, daß er<br />

aus dieser spreche, wo wir jene vermuthen. Wie<br />

wenig, selbst von sonst redlichen Leuten, vollkommene<br />

Aufrichtigkeit zu erwarten steht, sobald ihr Interesse<br />

irgendwie dabei im Spiel ist, können wir eben<br />

daran ermessen, daß wir so oft uns selbst belügen, wo<br />

Hoffnung uns besticht, oder Furcht bethört, oder Argwohn<br />

uns quält, oder Eitelkeit uns schmeichelt, oder<br />

eine Hypothese uns verblendet, oder ein nahe liegender<br />

kleiner Zweck dem größeren, aber entfernteren,<br />

Abbruch thut: denn daran sehn wir den unmittelbaren<br />

<strong>und</strong> unbewußten nachtheiligen Einfluß des <strong>Wille</strong>ns<br />

auf die Erkenntniß. Demnach darf es uns nicht wun-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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