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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65150 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2075<br />

sich gegründet, <strong>als</strong>o kein absolut realer ist; so werden<br />

wir in dem Verlieren der eigenen Individualität nur<br />

den Verlust einer Erscheinung sehn, <strong>als</strong>o nur scheinbaren<br />

Verlust. So viel Realität jener Unterschied auch<br />

im empirischen Bewußtseyn hat; so sind doch, vom<br />

metaphysischen Standpunkt aus, die Sätze: »Ich gehe<br />

unter, aber die <strong>Welt</strong> dauert fort«, <strong>und</strong> »<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> geht<br />

unter, aber ich dauere fort«, im Gr<strong>und</strong>e nicht eigentlich<br />

verschieden.<br />

Ueber dies Alles nun aber ist der Tod die große<br />

Gelegenheit, nicht mehr Ich zu seyn: wohl Dem, der<br />

sie benutzt. Während des Lebens ist der <strong>Wille</strong> des<br />

Menschen ohne Freiheit: auf der Basis seines unveränderlichen<br />

Charakters geht sein Handeln, an der<br />

Kette der Motive, mit Nothwendigkeit vor sich. Nun<br />

trägt aber Jeder in seiner Erinnerung gar Vieles, das<br />

er gethan, <strong>und</strong> worüber er nicht mit sich selbst zufrieden<br />

ist. Lebte er nun immerfort; so würde er, vermöge<br />

der Unveränderlichkeit des Charakters, auch immerfort<br />

auf die selbe Weise handeln. Demnach muß er<br />

aufhören zu seyn was er ist, um aus dem Keim seines<br />

Wesens <strong>als</strong> ein neues <strong>und</strong> anderes hervorgehn zu können,<br />

Daher löst der Tod jene Bande: der <strong>Wille</strong> wird<br />

wieder frei: denn im Esse, nicht im Operari liegt die<br />

Freiheit: Finditur nodus cordis, dissolvuntur omnes<br />

dubitationes, ejusque opera evanescunt, ist ein sehr<br />

berühmter Ausspruch des Veda, den alle Vedantiker<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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