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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64292 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1217<br />

treten, an welchem wir in früher Kindheit, <strong>als</strong>o bei<br />

noch unentwickelter Vernunft, gewesen, solches daher<br />

ganz vergessen haben, jetzt aber doch den Eindruck<br />

des Gegenwärtigen <strong>als</strong> eines bereits Dagewesenen<br />

empfinden. <strong>Die</strong>ser Art sind alle Erinnerungen der<br />

Thiere. Nur kommt noch hinzu, daß, bei den klügsten,<br />

dieses bloß anschauende Gedächtniß sich bis zu<br />

einem gewissen Grade von Phantasie steigert, welche<br />

ihm wieder nachhilft <strong>und</strong> vermöge deren z.B. dem<br />

H<strong>und</strong>e das Bild des abwesenden Herrn vorschwebt<br />

<strong>und</strong> Verlangen nach ihm erregt, daher er ihn, bei längerem<br />

Ausbleiben, überall sucht. Auf dieser Phantasie<br />

beruhen auch seine Träume. Das Bewußtseyn der<br />

Thiere ist demnach eine bloße Succession von Gegenwarten,<br />

deren jede aber nicht vor ihrem Eintritt <strong>als</strong><br />

Zukunft, noch nach ihrem Verschwinden <strong>als</strong> Vergangenheit<br />

dasteht; <strong>als</strong> welches das Auszeichnende des<br />

menschlichen Bewußtseyns ist. Daher eben haben die<br />

Thiere auch unendlich weniger zu leiden, <strong>als</strong> wir, weil<br />

sie keine andern Schmerzen kennen, <strong>als</strong> die, welche<br />

die Gegenwart unmittelbar herbeiführt. <strong>Die</strong> Gegenwart<br />

ist aber ausdehnungslos; hingegen Zukunft <strong>und</strong><br />

Vergangenheit, welche die meisten Ursachen unserer<br />

Leiden enthalten, sind weit ausgedehnt, <strong>und</strong> zu ihrem<br />

wirklichen Inhalt kommt noch der bloß mögliche, wodurch<br />

dem Wunsch <strong>und</strong> der Furcht sich ein unabsehbares<br />

Feld öffnet: von diesen hingegen ungestört ge-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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