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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63674 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 599<br />

die Zukunft, wie eine Sonnen- oder Mondfinsterniß<br />

ausrechnen. Wie die Natur konsequent ist, so ist es<br />

der Charakter: ihm gemäß muß jede einzelne Handlung<br />

ausfallen, wie jedes Phänomen dem Naturgesetz<br />

gemäß ausfällt: die Ursache Im letztem Fall <strong>und</strong> das<br />

Motiv im erstem sind nur die Gelegenheitsursachen,<br />

wie im zweiten Buch gezeigt worden. Der <strong>Wille</strong>, dessen<br />

Erscheinung das ganze Seyn <strong>und</strong> Leben des Menschen<br />

ist, kann sich im einzelnen Fall nicht verleugnen,<br />

<strong>und</strong> was der Mensch im Ganzen will, wird er<br />

auch stets im Einzelnen wollen.<br />

<strong>Die</strong> Behauptung einer empirischen Freiheit des<br />

<strong>Wille</strong>ns, eines liberi arbitrii indifferentiae, hängt auf<br />

das Genaueste damit zusammen, daß man das Wesen<br />

des Menschen in eine Seele setzte, die ursprünglich<br />

ein erkennendes, ja eigentlich ein abstrakt denkendes<br />

Wesen wäre <strong>und</strong> erst in Folge hievon auch ein wollendes,<br />

daß man <strong>als</strong>o den <strong>Wille</strong>n sek<strong>und</strong>ärer Natur<br />

machte, statt daß, in Wahrheit, die Erkenntniß dies<br />

ist. Der <strong>Wille</strong> wurde sogar <strong>als</strong> ein Denkakt betrachtet<br />

<strong>und</strong> mit dem Urtheil identificirt, namentlich bei Cartesius<br />

<strong>und</strong> Spinoza. Danach nun wäre jeder Mensch<br />

Das, was er ist, erst in Folge seiner Erkenntniß geworden:<br />

er käme <strong>als</strong> moralische Null auf die <strong>Welt</strong>, erkennte<br />

die Dinge in dieser, <strong>und</strong> beschlösse darauf.<br />

Der oder Der zu seyn, so oder so zu handeln, könnte<br />

auch, in Folge neuer Erkenntniß, eine neue Hand-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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