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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64568 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1493<br />

primären jetzt insofern ein Uebergewicht, <strong>als</strong> er fortan<br />

der vorwaltend thätige wird. Während nämlich beim<br />

Thiere das unmittelbare Innewerden seines befriedigten<br />

oder unbefriedigten Begehrens bei Weitem das<br />

Hauptsächliche seines Bewußtseyns ausmacht, <strong>und</strong><br />

zwar um so mehr, je tiefer das Thier steht, so daß die<br />

untersten Thiere nur durch die Zugabe einer dumpfen<br />

<strong>Vorstellung</strong> sich von den Pflanzen unterscheiden; so<br />

tritt beim Menschen das Gegentheil ein. So heftig,<br />

selbst heftiger <strong>als</strong> die irgend eines Thieres, seine Begehrungen,<br />

<strong>als</strong> welche zu Leidenschaften anwachsen,<br />

auch sind; so bleibt dennoch sein Bewußtseyn fortwährend<br />

<strong>und</strong> vorwaltend mit <strong>Vorstellung</strong>en <strong>und</strong> Gedanken<br />

beschäftigt <strong>und</strong> erfüllt. Ohne Zweifel hat<br />

hauptsächlich dieses den Anlaß gegeben zu jenem<br />

Gr<strong>und</strong>irrthum aller Philosophen, vermöge dessen sie<br />

<strong>als</strong> das Wesentliche <strong>und</strong> Primäre der sogenannten<br />

Seele, d.h. des innern oder geistigen Lebens des Menschen,<br />

das Denken setzen, es allemal voranstellend,<br />

das Wollen aber, <strong>als</strong> ein bloßes Ergebniß desselben,<br />

erst sek<strong>und</strong>är hinzukommen <strong>und</strong> nachfolgen lassen.<br />

Wenn aber das Wollen bloß aus dem Erkennen hervorgienge;<br />

wie könnten denn die Thiere, sogar die unteren,<br />

bei so äußerst geringer Erkenntniß, einen oft so<br />

unbezwinglich heftigen <strong>Wille</strong>n zeigen? Weil demnach<br />

jener Gr<strong>und</strong>irrthum der Philosophen gleichsam das<br />

Accidenz zur Substanz macht, führt er sie auf Abwe-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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