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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64624 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1549<br />

einen mehr äußerlichen, nur zeitlichen, ja fast nur körperlichen<br />

Vorzug betrifft. Ist doch in der That der Intellekt<br />

die bloße Funktion des Gehirns, der <strong>Wille</strong> hingegen<br />

Das, dessen Funktion der ganze Mensch, seinem<br />

Seyn <strong>und</strong> Wesen nach, ist.<br />

Erwägen wir, nach außen blickend, daß ho bios<br />

brachys, hê de technê makra (vita brevis, ars<br />

longa), <strong>und</strong> betrachten, wie die größten <strong>und</strong> schönsten<br />

Geister, oft wann sie kaum den Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit<br />

erreicht haben, imgleichen große Gelehrte,<br />

wann sie eben erst zu einer gründlichen Einsicht<br />

ihrer Wissenschaft gelangt sind, vom Tode hinweggerafft<br />

werden; so bestätigt uns auch <strong>Die</strong>ses, daß<br />

der Sinn <strong>und</strong> Zweck des Lebens kein intellektualer,<br />

sondern ein moralischer ist.<br />

Der durchgreifende Unterschied zwischen den geistigen<br />

<strong>und</strong> den moralischen Eigenschaften giebt sich<br />

endlich auch dadurch zu erkennen, daß der Intellekt<br />

höchst bedeutende Veränderungen durch die Zeit erleidet,<br />

während der <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> Charakter von dieser<br />

unberührt bleibt. – Das Neugeborene hat noch gar<br />

keinen Gebrauch seines Verstandes, erlangt ihn jedoch,<br />

innerhalb der ersten zwei Monate, bis zur Anschauung<br />

<strong>und</strong> Apprehension der Dinge in der Außenwelt;<br />

welchen Vorgang ich in der Abhandlung »Ueber<br />

das Sehn <strong>und</strong> die Farben«, S. 10 der zweiten Auflage,<br />

näher dargelegt habe. <strong>Die</strong>sem ersten <strong>und</strong> wichtigsten<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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