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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63843 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 768<br />

Anderer der Dulder wäre, man voller Mitleid <strong>und</strong><br />

Liebe ihm helfen zu werden fest <strong>und</strong> aufrichtig überzeugt<br />

ist: nun aber ist man selbst der Gegenstand seines<br />

eigenen aufrichtigen Mitleids: mit der hülfreichsten<br />

Gesinnung ist man selbst der Hülfsbedürftige,<br />

fühlt, daß man mehr duldet, <strong>als</strong> man einen Andern<br />

dulden sehn könnte, <strong>und</strong> in dieser sonderbar verflochtenen<br />

Stimmung, wo das unmittelbar gefühlte Leid<br />

erst auf einem doppelten Umwege wieder zur Perception<br />

kommt, <strong>als</strong> fremdes vorgestellt, <strong>als</strong> solches mitgefühlt<br />

<strong>und</strong> dann plötzlich wieder <strong>als</strong> unmittelbar eigenes<br />

wahrgenommen wird, – schafft sich die Natur<br />

durch jenen sonderbaren körperlichen Krampf Erleichterung.<br />

– Das Weinen ist demnach Mitleid mit<br />

sich selbst, oder das auf seinen Ausgangspunkt zurückgeworfene<br />

Mitleid. Es ist daher durch Fähigkeit<br />

zur Liebe <strong>und</strong> zum Mitleid <strong>und</strong> durch Phantasie bedingt:<br />

daher weder hartherzige, noch phantasielose<br />

Menschen leicht weinen, <strong>und</strong> das Weinen sogar<br />

immer <strong>als</strong> Zeichen eines gewissen Grades von Güte<br />

des Charakters angesehn wird <strong>und</strong> den Zorn entwaffnet,<br />

weil man fühlt, daß wer noch weinen kann, auch<br />

nothwendig der Liebe, d.h. des Mitleids gegen Andere<br />

fähig seyn muß, eben weil dieses, auf die beschriebene<br />

Weise, in jene zum Weinen führende Stimmung<br />

eingeht. – Ganz der aufgestellten Erklärung gemäß ist<br />

die Beschreibung, welche Petrarka, sein Gefühl naiv<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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