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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65242 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2167<br />

Jahr geht hin, ohne durch mehrere Fälle aller dieser<br />

Arten die Realität des Dargestellten zu belegen.<br />

Aber nicht allein hat die unbefriedigte verliebte<br />

Leidenschaft bisweilen einen tragischen Ausgang,<br />

sondern auch die befriedigte führt öfter zum Unglück,<br />

<strong>als</strong> zum Glück. Denn ihre Anforderungen kollidiren<br />

oft so sehr mit der persönlichen Wohlfahrt des Betheiligten,<br />

daß sie solche untergraben, indem sie mit<br />

seinen übrigen Verhältnissen unvereinbar sind <strong>und</strong><br />

den darauf gebauten Lebensplan zerstören. Ja, nicht<br />

allein mit den äußern Verhältnissen ist die Liebe oft<br />

im Widerspruch, sondern sogar mit der eigenen Individualität,<br />

indem sie sich auf Personen wirft, welche,<br />

abgesehn vom Geschlechtsverhältniß, dem Liebenden<br />

verhaßt, verächtlich, ja zum Abscheu seyn würden.<br />

Aber so sehr viel mächtiger ist der <strong>Wille</strong> der Gattung<br />

<strong>als</strong> der des Individuums, daß der Liebende über alle<br />

jene ihm widerlichen Eigenschaften die Augen<br />

schließt. Alles übersieht, Alles verkennt <strong>und</strong> sich mit<br />

dem Gegenstande seiner Leidenschaft auf immer verbindet:<br />

so gänzlich verblendet ihn jener Wahn, welcher,<br />

sobald der <strong>Wille</strong> der Gattung erfüllt ist, verschwindet<br />

<strong>und</strong> eine verhaßte Lebensgefährtin übrig<br />

läßt. Nur hieraus ist es erklärlich, daß wir oft sehr<br />

vernünftige, ja ausgezeichnete Männer mit Drachen<br />

<strong>und</strong> Eheteufeln verb<strong>und</strong>en sehn, <strong>und</strong> nicht begreifen,<br />

wie sie eine solche Wahl haben treffen können. <strong>Die</strong>-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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