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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65407 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2332<br />

gültig sind, das Gegenwärtige aber jeden Augenblick<br />

zum Vergangenen wird; <strong>und</strong> der des Schicks<strong>als</strong>, sichtlich<br />

genug gerichtet auf Zerstörung unsers Glücks <strong>und</strong><br />

dadurch auf Mortifikation unsers <strong>Wille</strong>ns <strong>und</strong> Aufhebung<br />

des Wahnes, der uns in den Banden dieser <strong>Welt</strong><br />

gefesselt hält.<br />

<strong>Die</strong> gangbare, besonders protestantische Ansicht,<br />

daß der Zweck des Lebens ganz allein <strong>und</strong> unmittelbar<br />

in den moralischen Tugenden, <strong>als</strong>o in der Ausübung<br />

der Gerechtigkeit <strong>und</strong> Menschenliebe liege,<br />

verräth ihre Unzulänglichkeit schon dadurch, daß so<br />

erbärmlich wenig wirkliche <strong>und</strong> reine Moralität unter<br />

den Menschen angetroffen wird. Ich will gar nicht von<br />

hoher Tugend, Edelmuth, Großmuth <strong>und</strong> Selbstaufopferung<br />

reden, <strong>als</strong> welchen man schwerlich anders, <strong>als</strong><br />

in Schauspielen <strong>und</strong> Romanen begegnet seyn wird;<br />

sondern nur von jenen Tugenden, die Jedem zur<br />

Pflicht gemacht werden. Wer alt ist, denke zurück an<br />

alle <strong>Die</strong>, mit welchen er zu thun gehabt hat; wie viele<br />

auch nur wirklich <strong>und</strong> wahrhaft ehrliche Leute werden<br />

ihm wohl vorgekommen seyn? Waren nicht bei<br />

Weitem die Meisten, trotz ihrem schaamlosen Auffahren<br />

beim leisesten Verdacht einer Unredlichkeit, oder<br />

nur Unwahrheit, gerade heraus gesagt, das wirkliche<br />

Gegentheil? War nicht niederträchtiger Eigennutz,<br />

gränzenlose Geldgier, wohlversteckte Gaunerei, dazu<br />

giftiger Neid <strong>und</strong> teuflische Schadenfreude, so allge-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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