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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63591 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 516<br />

es vielleicht keine einzige giebt, die nicht im Ganzen<br />

wahrer wäre, <strong>als</strong> jede andere geschriebene Geschichte,<br />

Der Mensch, der sein Leben aufzeichnet, überblickt<br />

es im Ganzen <strong>und</strong> Großen, das Einzelne wird klein,<br />

das Nahe entfernt sich, das Ferne kommt wieder nah,<br />

die Rücksichten schrumpfen ein: er sitzt sich selbst<br />

zur Beichte <strong>und</strong> hat sich freiwillig hingesetzt: der<br />

Geist der Lüge faßt ihn hier nicht so leicht: denn es<br />

liegt in jedem Menschen auch eine Neigung zur<br />

Wahrheit, die bei jeder Lüge erst überwältigt werden<br />

muß <strong>und</strong> die eben hier eine ungemein starke Stellung<br />

angenommen hat. Das Verhältniß zwischen Biographie<br />

<strong>und</strong> Völkergeschichte läßt sich durch folgendes<br />

Gleichniß anschaulich machen. <strong>Die</strong> Geschichte zeigt<br />

uns die Menschheit, wie uns eine Aussicht von einem<br />

hohen Berge die Natur zeigt: wir sehn Vieles auf ein<br />

Mal, weite Strecken, große Massen; aber deutlich<br />

wird nichts, noch seinem ganzen eigentlichen Wesen<br />

nach erkennbar. Dagegen zeigt uns das dargestellte<br />

Leben des Einzelnen den Menschen so, wie wir die<br />

Natur erkennen, wenn wir zwischen ihren Bäumen,<br />

Pflanzen, Felsen <strong>und</strong> Gewässern umhergehn. Wie<br />

aber durch die Landschaftsmalerei, in welcher der<br />

Künstler uns durch seine Augen in die Natur blicken<br />

läßt, uns die Erkenntniß ihrer Ideen <strong>und</strong> der zu dieser<br />

erforderte Zustand des willenlosen, reinen Erkennens<br />

sehr erleichtert wird; so hat für die Darstellung der<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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