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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65270 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2195<br />

Mühe, Noth <strong>und</strong> Leiden, ist anzusehn <strong>als</strong> die Erklärung<br />

<strong>und</strong> Paraphrase des Zeugungsaktes, d.i. der entschiedenen<br />

Bejahung des <strong>Wille</strong>ns zum Leben: zu<br />

derselben gehört auch noch, daß er der Natur einen<br />

Tod schuldig ist, <strong>und</strong> er denkt mit Beklemmung an<br />

diese Schuld. – Zeugt dies nicht davon, daß unser Daseyn<br />

eine Verschuldung enthält? – Allerdings aber<br />

sind wir, gegen den periodisch zu entrichtenden Zoll,<br />

Geburt <strong>und</strong> Tod, immerwährend da, <strong>und</strong> genießen<br />

successiv alle Leiden <strong>und</strong> Freuden des Lebens; so daß<br />

uns keine entgehn kann: dies eben ist die Frucht der<br />

Bejahung des <strong>Wille</strong>ns zum Leben. Dabei ist <strong>als</strong>o die<br />

Furcht vor dem Tode, welche uns, trotz allen Plagen<br />

des Lebens, darin festhält, eigentlich illusorisch; aber<br />

eben so illusorisch ist der Trieb, der uns hineingelockt<br />

hat. <strong>Die</strong>se Lockung selbst kann man objektiv anschauen<br />

in den sich sehnsüchtig begegnenden Blicken<br />

zweier Liebenden: sie sind der reinste Ausdruck des<br />

<strong>Wille</strong>ns zum Leben in seiner Bejahung. Wie ist er<br />

hier so sanft <strong>und</strong> zärtlich! Wohlseyn will er, <strong>und</strong> ruhigen<br />

Genuß <strong>und</strong> sanfte Freude, für sich, für Andere,<br />

für Alle. Es ist das Thema des Anakreon. So lockt<br />

<strong>und</strong> schmeichelt er sich selbst ins Leben hinein. Ist er<br />

aber darin, dann zieht die Quaal das Verbrechen, <strong>und</strong><br />

das Verbrechen die Quaal herbei: Gräuel <strong>und</strong> Verwüstung<br />

füllen den Schauplatz. Es ist das Thema des<br />

Aeschylos.<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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