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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65379 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2304<br />

mit der Schaale bisweilen wenig Umstände: sie ist jedoch<br />

dicker, <strong>als</strong> man meistens denkt.<br />

Der Protestantismus hat, indem er die Askese <strong>und</strong><br />

deren Centralpunkt, die Verdienstlichkeit des Cölibats,<br />

eliminirte, eigentlich schon den Innersten Kern<br />

des Christenthums aufgegeben <strong>und</strong> ist insofern <strong>als</strong> ein<br />

Abfall von demselben anzusehn. <strong>Die</strong>s hat sich in unsern<br />

Tagen herausgestellt in dem allmäligen Uebergang<br />

desselben in den platten Rationalismus, diesen<br />

modernen Pelagianismus, der am Ende hinausläuft auf<br />

eine Lehre von einem liebenden Vater, der die <strong>Welt</strong><br />

gemacht hat, damit es hübsch vergnügt darauf zugehe<br />

(was ihm dann freilich mißrathen seyn müßte), <strong>und</strong><br />

der, wenn man nur in gewissen Stücken sich seinem<br />

<strong>Wille</strong>n anbequemt, auch nachher für eine noch viel<br />

hübschere <strong>Welt</strong> sorgen wird (bei der nur zu beklagen<br />

ist, daß sie eine so fatale Entree hat). Das mag eine<br />

gute Religion für komfortable, verheirathete <strong>und</strong> aufgeklärte<br />

protestantische Pastoren seyn; aber das ist<br />

kein Christenthum. Das Christenthum ist die Lehre<br />

von der tiefen Verschuldung des Menschengeschlechts<br />

durch sein Daseyn selbst <strong>und</strong> dem Drange<br />

des Herzens nach Erlösung daraus, welche jedoch nur<br />

durch die schwersten Opfer <strong>und</strong> durch die Verleugnung<br />

des eigenen Selbst, <strong>als</strong>o durch eine gänzliche<br />

Umkehrung der menschlichen Natur erlangt werden<br />

kann. – Luther mochte, vom praktischen Standpunkte<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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