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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64556 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1481<br />

dente Hypostase, genannt Seele, <strong>als</strong> zunächst <strong>und</strong> wesentlich<br />

erkennend, ja denkend, <strong>und</strong> erst in Folge hievon,<br />

sek<strong>und</strong>ärer <strong>und</strong> abgeleiteter Weise, <strong>als</strong> wollend<br />

aufgefaßt <strong>und</strong> dargestellt haben. <strong>Die</strong>ser uralte <strong>und</strong><br />

ausnahmslose Gr<strong>und</strong>irrthum, dieses enorme prôton<br />

pseudos <strong>und</strong> f<strong>und</strong>amentale hysteron proteron ist, vor<br />

allen Dingen, zu beseitigen <strong>und</strong> dagegen die naturgemäße<br />

Beschaffenheit der Sache zum völlig deutlichen<br />

Bewußtseyn zu bringen. Da aber <strong>Die</strong>ses, nach Jahrtausenden<br />

des Philosophirens, hier zum ersten Male<br />

geschieht, wird einige Ausführlichkeit dabei an ihrer<br />

Stelle seyn. Das auffallende Phänomen, daß in diesem<br />

gr<strong>und</strong>wesentlichen Punkte alle Philosophen geirrt, ja,<br />

die Wahrheit auf den Kopf gestellt haben, möchte,<br />

zumal bei denen der Christlichen Jahrh<strong>und</strong>erte, zum<br />

Theil daraus zu erklären seyn, daß sie sämmtlich die<br />

Absicht hatten, den Menschen <strong>als</strong> vom Thiere möglichst<br />

weit verschieden darzustellen, dabei jedoch<br />

dunkel fühlten, daß die Verschiedenheit Beider im Intellekt<br />

liegt, nicht im <strong>Wille</strong>n; woraus ihnen unbewußt<br />

die Neigung hervorgieng, den Intellekt zum Wesentlichen<br />

<strong>und</strong> zur Hauptsache zu machen, ja, das Wollen<br />

<strong>als</strong> eine bloße Funktion des Intellekts darzustellen. –<br />

Daher ist auch der Begriff einer Seele nicht nur, wie<br />

durch die Kritik der reinen Vernunft feststeht, <strong>als</strong><br />

transscendente Hypostase unstatthaft; sondern er wird<br />

zur Quelle unheilbarer Irrthümer, dadurch, daß er, in<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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