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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65004 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1929<br />

zwischen dem Reim <strong>und</strong> dem Gedanken, in welchem<br />

bald der eine, bald der andere den Sieg erringt, <strong>als</strong>o<br />

entweder der Gedanke des Reimes wegen verkümmert,<br />

oder aber dieser mit einem schwachen à peu<br />

près abgef<strong>und</strong>en wird. Da dem so ist, halte ich es<br />

nicht für einen Beweis von Unwissenheit, sondern<br />

von gutem Geschmack, daß Shakespeare, in seinen<br />

Sonetten, jedem der Quadernarien andere Reime gegeben<br />

hat. Jedenfalls ist ihre akustische Wirkung dadurch<br />

nicht im Mindesten verringert, <strong>und</strong> kommt der<br />

Gedanke viel mehr zu seinem Rechte, <strong>als</strong> er gekonnt<br />

hätte, wenn er in die herkömmlichen Spanischen Stiefel<br />

hätte eingeschnürt werden müssen.<br />

Es ist ein Nachtheil für die Poesie einer Sprache,<br />

wenn sie viele Worte hat, die in der Prosa nicht gebräuchlich<br />

sind, <strong>und</strong> andererseits gewisse Worte der<br />

Prosa nicht gebrauchen darf. Ersteres ist wohl am<br />

meisten im Lateinischen <strong>und</strong> Italiänischen, Letzteres<br />

im Französischen der Fall, wo es kürzlich sehr treffend<br />

la bég[u]eulerie de la langue française genannt<br />

wurde. Beides ist weniger im Englischen <strong>und</strong> am wenigsten<br />

im Deutschen zu finden. Solche der Poesie<br />

ausschließlich angehörige Worte bleiben nämlich unserm<br />

Herzen fremd, sprechen nicht unmittelbar zu<br />

uns, lassen uns daher kalt. Sie sind eine poetische<br />

Konventionssprache <strong>und</strong> gleichsam bloß gemalte<br />

Empfindungen statt wirklicher: sie schließen die In-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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