02.11.2013 Aufrufe

Die Welt als Wille und Vorstellung

Die Welt als Wille und Vorstellung

Die Welt als Wille und Vorstellung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

65340 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2265<br />

schen die Erbsünde, von der alle andern Sünden die<br />

Folge sind, schon eintrat, das Jüdische Gr<strong>und</strong>dogma<br />

aber eine solche Darstellung nicht zuließ; so lehrte<br />

Augustinus, in seinen Büchern de libero arbitrio, daß<br />

der Mensch nur <strong>als</strong> Adam vor dem Sündenfalle<br />

schuldlos gewesen <strong>und</strong> einen freien <strong>Wille</strong>n gehabt<br />

habe, von dem an aber in der Nothwendigkeit der<br />

Sünde verstrickt sei. – Das Gesetz, ho nomos, im biblischen<br />

Sinn, fordert immerfort, daß wir unser Thun<br />

ändern sollen, während unser Wesen unverändert bliebe.<br />

Weil aber dies unmöglich ist; so sagt Paulus, daß<br />

Keiner vor dem Gesetz gerechtfertigt sei: die Wiedergeburt<br />

in Jesu Christo allein, in Folge der Gnadenwirkung,<br />

vermöge welcher ein neuer Mensch entsteht <strong>und</strong><br />

der alte aufgehoben wird (d.h. eine f<strong>und</strong>amentale Sinnesänderung),<br />

könne uns aus dem Zustande der Sündhaftigkeit<br />

in den der Freiheit <strong>und</strong> Erlösung versetzen.<br />

<strong>Die</strong>s ist der Christliche Mythos, in Hinsicht auf die<br />

Ethik. Aber freilich hat der Jüdische Theismus, auf<br />

den er gepfropft wurde, gar w<strong>und</strong>ersame Zusätze erhalten<br />

müssen, um sich jenem Mythos anzufügen:<br />

dabei bot die Fabel vom Sündenfall die einzige Stelle<br />

dar für das Pfropfreis Alt-Indischen Stammes. Jener<br />

gewaltsam überw<strong>und</strong>enen Schwierigkeit eben ist es<br />

zuzuschreiben, daß die Christlichen Mysterien ein so<br />

seltsames, dem gemeinen Verstande widerstrebendes<br />

Ansehn erhalten haben, welches den Proselytismus er-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!