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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63703 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 628<br />

thymon eni stêthessi philon damasantes anankê.<br />

(Animo in pectoribus nostro domito necessitate.)<br />

Wir gleichen den eingefangenen Elephanten, die<br />

viele Tage entsetzlich toben <strong>und</strong> ringen, bis sie sehn,<br />

daß es fruchtlos ist, <strong>und</strong> dann plötzlich gelassen ihren<br />

Nacken dem Joch bieten, auf immer gebändigt. Wir<br />

sind wie der König David, der, so lange sein Sohn<br />

noch lebte, unablässig den Jehovah mit Bitten bestürmte<br />

<strong>und</strong> sich verzweifelnd geberdete; sobald aber<br />

der Sohn todt war, nicht weiter daran dachte. Daher<br />

kommt es, daß unzählige bleibende Uebel, wie Krüppelhaftigkeit,<br />

Armuth, niederer Stand, Häßlichkeit,<br />

widriger Wohnort, von Unzähligen ganz gleichgültig<br />

ertragen <strong>und</strong> gar nicht mehr gefühlt werden, gleich<br />

vernarbten W<strong>und</strong>en, bloß weil diese wissen, daß innere<br />

oder äußere Nothwendigkeit hier nichts zu ändern<br />

übrig läßt; während Glücklichere nicht einsehn, wie<br />

man es ertragen kann. Wie nun mit der äußern, so mit<br />

der Innern Nothwendigkeit versöhnt nichts so fest, <strong>als</strong><br />

eine deutliche Kenntniß derselben. Haben wir, wie<br />

unsere guten Eigenschaften <strong>und</strong> Stärken, so unsere<br />

Fehler <strong>und</strong> Schwächen ein für alle Mal deutlich erkannt,<br />

dem gemäß uns unser Ziel gesteckt <strong>und</strong> über<br />

das Unerreichbare uns zufrieden gegeben; so entgehn<br />

wir dadurch am sichersten, so weit es unsere Individualität<br />

zuläßt, dem bittersten aller Leiden, der Unzu-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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