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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65311 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2236<br />

Der Theismus leistete es auf eine kindliche Weise,<br />

welche der herangereiften Menschheit nicht genügen<br />

konnte. Daher stellte sich ihm der Pantheismus, sobald<br />

er irgend es wagen durfte, entgegen, <strong>und</strong> wies<br />

nach, daß die Natur die Kraft, vermöge welcher sie<br />

hervortritt, in sich selbst trägt. Dabei mußte nun aber<br />

die Ethik verloren gehn. Spinoza versucht zwar, stellenweise,<br />

sie durch Sophismen zu retten, meistens<br />

aber giebt er sie geradezu auf <strong>und</strong> erklärt, mit einer<br />

Dreistigkeit, die Erstaunen <strong>und</strong> Unwillen hervorruft,<br />

den Unterschied zwischen Recht <strong>und</strong> Unrecht, <strong>und</strong><br />

überhaupt zwischen Gutem <strong>und</strong> Bösem, für bloß konventionell,<br />

<strong>als</strong>o an sich selbst nichtig (z.B. Eth., IV,<br />

prop. 37, schol. 2). Ueberhaupt ist Spinoza, nachdem<br />

ihn, über h<strong>und</strong>ert Jahre hindurch, unverdiente Geringschätzung<br />

getroffen hatte, durch die Reaktion im Pendelschwung<br />

der Meinung, in diesem Jahrh<strong>und</strong>ert wieder<br />

überschätzt worden, – Aller Pantheismus nämlich<br />

muß an den unabweisbaren Forderungen der Ethik,<br />

<strong>und</strong> nächst dem am Uebel <strong>und</strong> dem Leiden der <strong>Welt</strong>,<br />

zuletzt scheitern. Ist die <strong>Welt</strong> eine Theophanie; so ist<br />

Alles, was der Mensch, ja, auch das Thier thut, gleich<br />

göttlich <strong>und</strong> vortrefflich: nichts kann zu tadeln <strong>und</strong><br />

nichts vor dem Andern zu loben seyn: <strong>als</strong>o keine<br />

Ethik. Daher eben ist man in Folge des erneuerten<br />

Spinozismus unserer Tage, <strong>als</strong>o des Pantheismus, in<br />

der Ethik so tief herabgesunken <strong>und</strong> so platt gewor-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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