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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63943 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 868<br />

Doch kehren wir zu Kant zurück. Man kann nicht<br />

umhin einzugestehn, daß ihm die antike, grandiose<br />

Einfalt, daß ihm Naivetät, ingénuité, candeur, gänzlich<br />

abgeht. Seine Philosophie hat keine Analogie mit<br />

der Griechischen Baukunst, welche große, einfache,<br />

dem Blick sich auf ein Mal offenbarende Verhältnisse<br />

darbietet: vielmehr erinnert sie sehr stark an die<br />

Gothische Bauart. Denn eine ganz individuelle Eigenthümlichkeit<br />

des Geistes Kants ist ein sonderbares<br />

Wohlgefallen an der Symmetrie, welche die bunte<br />

Vielheit liebt, um sie zu ordnen <strong>und</strong> die Ordnung in<br />

Unterordnungen zu wiederholen, <strong>und</strong> so immerfort,<br />

gerade wie an den Gothischen Kirchen. Ja er treibt<br />

dies bisweilen bis zur Spielerei, wobei er, jener Neigung<br />

zu Liebe, so weit geht, der Wahrheit offenbare<br />

Gewalt anzuthun <strong>und</strong> mit ihr zu verfahren, wie mit<br />

der Natur die altfränkischen Gärtner, deren Werk<br />

symmetrische Alleen, Quadrate <strong>und</strong> Triangel, pyramidalische<br />

<strong>und</strong> kugelförmige Bäume <strong>und</strong> zu regelmäßigen<br />

Kurven gew<strong>und</strong>ene Hecken sind. Ich will dies mit<br />

Thatsachen belegen.<br />

Nachdem er Raum <strong>und</strong> Zeit isolirt abgehandelt,<br />

dann diese ganze, Raum <strong>und</strong> Zeit füllende <strong>Welt</strong> der<br />

Anschauung, in der wir leben <strong>und</strong> sind, abgefertigt<br />

hat mit den nichtssagenden Worten »der empirische<br />

Inhalt der Anschauung wird uns gegeben«, – gelangt<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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