02.11.2013 Aufrufe

Die Welt als Wille und Vorstellung

Die Welt als Wille und Vorstellung

Die Welt als Wille und Vorstellung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

64720 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1645<br />

viel geringern, Geisteskräfte behält <strong>und</strong> damit <strong>als</strong>dann<br />

viel mehr leistet, <strong>als</strong> das größte Genie vermag. Sonach<br />

begünstigt ein leidenschaftliches Temperament<br />

die ursprüngliche Beschaffenheit des Intellekts, ein<br />

phlegmatisches aber dessen Gebrauch. Deshalb ist<br />

das eigentliche Genie durchaus nur zu theoretischen<br />

Leistungen, <strong>als</strong> zu welchen es seine Zeit wählen <strong>und</strong><br />

abwarten kann; welches gerade die seyn wird, wo der<br />

<strong>Wille</strong> gänzlich ruht <strong>und</strong> keine Welle den reinen Spiegel<br />

der <strong>Welt</strong>anschauung trübt: hingegen ist zum praktischen<br />

Leben das Genie ungeschickt <strong>und</strong> unbrauchbar,<br />

daher auch meistens unglücklich. In diesem Sinn<br />

ist Goethes Tasso gedichtet. Wie nun das eigentliche<br />

Genie auf der absoluten Stärke des Intellekts beruht,<br />

welche durch eine ihr entsprechende, übermäßige Heftigkeit<br />

des Gemüths erkauft werden muß; so beruht<br />

hingegen die große Ueberlegenheit im praktischen<br />

Leben, welche Feldherren <strong>und</strong> Staatsmänner macht,<br />

auf der relativen Stärke des Intellekts, nämlich auf<br />

dem höchsten Grad desselben, der ohne eine zu große<br />

Erregbarkeit der Affekte, nebst zu großer Heftigkeit<br />

des Charakters erreicht werden kann <strong>und</strong> daher auch<br />

im Sturm noch Stand hält. Viel Festigkeit des <strong>Wille</strong>ns<br />

<strong>und</strong> Unerschütterlichkeit des Gemüths, bei einem<br />

tüchtigen <strong>und</strong> feinen Verstande, reicht hier aus; <strong>und</strong><br />

was darüber hinausgeht, wirkt schädlich: denn die zu<br />

große Entwickelung der Intelligenz steht der Festig-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!