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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64476 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1401<br />

mit größter Gleichgültigkeit wieder fahren zu lassen,<br />

wenn der Zufall, dem sie angehören, sie zurückfordert;<br />

weil sie tôn ouk eph'hêmin sind. In diesem<br />

Sinne sagt Epiktet, Kap. 7, der Weise werde, gleich<br />

Einem, der vom Schiffe ans Land gestiegen u.s.w.,<br />

sich auch ein Weibchen, oder Knäbchen gefallen lassen,<br />

dabei jedoch stets bereit seyn, sobald der Schiffer<br />

ruft, sie wieder gehn zu lassen. – So vervollkommneten<br />

die Stoiker die Theorie des Gleichmuths <strong>und</strong> der<br />

Unabhängigkeit, auf Kosten der Praxis, indem sie<br />

Alles auf einen mentalen Proceß zurückführten <strong>und</strong><br />

durch Argumente, wie sie das erste Kapitel des Epiktet<br />

darbietet, sich alle Bequemlichkeiten des Lebens<br />

heransophisticirten. Sie hatten aber dabei außer Acht<br />

gelassen, daß alles Gewohnte zum Bedürfniß wird<br />

<strong>und</strong> daher nur mit Schmerz entbehrt werden kann; daß<br />

der <strong>Wille</strong> nicht mit sich spielen läßt, nicht genießen<br />

kann, ohne die Genüsse zu lieben; daß ein H<strong>und</strong> nicht<br />

gleichgültig bleibt, indem man ihm ein Stück Braten<br />

durchs Maul zieht, <strong>und</strong> ein Weiser, wenn er hungerig<br />

ist, auch nicht; <strong>und</strong> daß es zwischen Begehren <strong>und</strong><br />

Entsagen kein Mittleres giebt. Sie aber glaubten sich<br />

dadurch mit ihren Gr<strong>und</strong>sätzen abzufinden, daß sie,<br />

an einer luxuriösen Römischen Tafel sitzend, kein<br />

Gericht ungekostet ließen, jedoch dabei versicherten,<br />

Das wären sammt <strong>und</strong> sonders bloße proêgmena,<br />

keine agatha; oder, Deutsch zu reden, daß sie aßen,<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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