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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63550 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 475<br />

nachdenkende <strong>und</strong> scharfsichtige Männer mühsam unzulängliche<br />

Gründe aus der Ferne herbeiziehn, psychologische,<br />

ja physiologische Argumente ergreifen,<br />

um eine Sache zu erklären, deren Gr<strong>und</strong> ganz nahe<br />

liegt <strong>und</strong> dem Unbefangenen gleich offenbar ist, – <strong>und</strong><br />

besonders daß Lessing, welcher der richtigen Erklärung<br />

so nahe kam, dennoch den eigentlichen Punkt<br />

keineswegs getroffen hat.<br />

Vor aller psychologischen <strong>und</strong> physiologischen Untersuchung,<br />

ob Laokoon in seiner Lage schreien wird<br />

oder nicht, welches ich übrigens ganz <strong>und</strong> gar bejahen<br />

würde, ist in Hinsicht auf die Gruppe zu entscheiden,<br />

daß das Schreien in ihr nicht dargestellt werden durfte,<br />

allein aus dem Gr<strong>und</strong>e, weil die Darstellung desselben<br />

gänzlich außer dem Gebiete der Skulptur liegt.<br />

Man konnte nicht aus Marmor einen schreienden Laokoon<br />

hervorbringen, sondern nur einen den M<strong>und</strong> aufreißenden<br />

<strong>und</strong> zu schreien sich fruchtlos bemühenden,<br />

einen Laokoon, dem die Stimme im H<strong>als</strong>e stecken geblieben,<br />

vox faucibus haesit. Das Wesen, <strong>und</strong> folglich<br />

auch die Wirkung des Schreiens auf den Zuschauer,<br />

liegt ganz allein im Laut, nicht im M<strong>und</strong>aufsperren.<br />

<strong>Die</strong>ses letztere, das Schreien nothwendig begleitende<br />

Phänomen muß erst durch den dadurch hervorgebrachten<br />

Laut motivirt <strong>und</strong> gerechtfertigt werden:<br />

dann ist es, <strong>als</strong> für die Handlung charakteristisch, zulässig,<br />

ja nothwendig, wenn es gleich der Schönheit<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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