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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64446 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1371<br />

Intellekt, um Eines aufzufassen, alles Andere fallen<br />

lassen muß, folgt, wie seine Zerstreuung, auch seine<br />

Vergeßlichkeit. Das Meiste von Dem, was er fallen<br />

gelassen, nimmt er nie wieder auf; zumal da die Wiederaufnahme<br />

an den Satz vom Gr<strong>und</strong>e geb<strong>und</strong>en ist,<br />

<strong>als</strong>o eines Anlasses bedarf, den die Gedankenassociation<br />

<strong>und</strong> Motivation erst zu liefern hat; welcher Anlaß<br />

jedoch um so entfernter <strong>und</strong> geringer seyn darf, je<br />

mehr unsere Empfindlichkeit dafür durch das Interesse<br />

des Gegenstandes erhöht ist. Nun aber ist das<br />

Gedächtniß, wie ich schon in der Abhandlung über<br />

den Satz vom Gr<strong>und</strong>e gezeigt habe, kein Behältniß,<br />

sondern eine bloße Uebungsfähigkeit im Hervorbringen<br />

beliebiger <strong>Vorstellung</strong>en, die daher stets durch<br />

Wiederholung in Uebung erhalten werden müssen; da<br />

sie sonst sich allmälig verlieren. Demzufolge ist das<br />

Wissen auch des gelehrtesten Kopfes doch nur virtualiter<br />

vorhanden, <strong>als</strong> eine im Hervorbringen gewisser<br />

<strong>Vorstellung</strong>en erlangte Uebung: actualiter hingegen<br />

ist auch er auf eine einzige <strong>Vorstellung</strong> beschränkt<br />

<strong>und</strong> nur dieser einen sich zur Zeit bewußt. Hieraus<br />

entsteht ein seltsamer Kontrast zwischen Dem, was er<br />

potentiâ <strong>und</strong> Dem, was er actu weiß, d.h. zwischen<br />

seinem Wissen <strong>und</strong> seinem jedesmaligen Denken: Ersteres<br />

ist eine unübersehbare, stets etwas chaotische<br />

Masse, Letzteres ein einziger deutlicher Gedanke. Das<br />

Verhältniß gleicht dem, zwischen den zahllosen Ster-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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