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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64416 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1341<br />

grob sei. Demgemäß ist die gleiche Amputation bereits<br />

an unzähligen Worten vorgenommen worden:<br />

z.B. statt »Untersuchung« schreibt man »Untersuch«,<br />

ja, gar statt »allmälig, mälig«, statt »beinahe, nahe«,<br />

statt »beständig, ständig«. Unterfienge sich ein Franzose<br />

près statt presque, ein Engländer most statt almost<br />

zu schreiben; so würde er einstimmig <strong>als</strong> ein<br />

Narr verlacht werden: in Deutschland aber gilt man<br />

durch so etwas für einen originellen Kopf. Chemiker<br />

schreiben bereits »löslich <strong>und</strong> unlöslich« statt »unauflöslich«<br />

<strong>und</strong> werden damit, wenn ihnen nicht die<br />

Grammatiker auf die Finger schlagen, die Sprache um<br />

ein werthvolles Wort bestehlen: löslich sind Knoten,<br />

Schuhriemen, auch Konglomerate, deren Cäment erweicht<br />

wird, <strong>und</strong> alles diesem Analoge: auflöslich<br />

hingegen ist was in einer Flüssigkeit ganz verschwindet,<br />

wie Salz im Wasser. »Auflösen« ist der terminus<br />

ad hoc, welcher <strong>Die</strong>s <strong>und</strong> nichts Anderes besagt,<br />

einen bestimmten Begriff aussondernd: den aber wollen<br />

unsere scharfsinnigen Sprachverbesserer in die<br />

allgemeine Spülwanne »Losen« gießen: konsequenter<br />

Weise müßten sie dann auch statt »ablösen (von Wachen),<br />

auslösen, einlösen« u.s.w. überall »lösen« setzen,<br />

<strong>und</strong> in diesem, wie in jenem Fall der Sprache die<br />

Bestimmtheit des Ausdrucks benehmen. Aber die<br />

Sprache um ein Wort ärmer machen heißt das Denken<br />

der Nation um einen Begriff ärmer machen. Dahin<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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