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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64961 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1886<br />

beim Anhören einer Musik (die etwas Bestimmtes zu<br />

schildern bezweckt), durch alle die reichen Kunstmittel<br />

hindurch, den deutlichen, begränzten, kalten, nüchternen<br />

Begriff durchschimmern <strong>und</strong> am Ende hervortreten<br />

sehn, welcher der Kern dieses Werkes war, dessen<br />

ganze Konception mithin nur im deutlichen Denken<br />

desselben bestanden hat <strong>und</strong> demnach durch die<br />

Mittheilung desselben von Gr<strong>und</strong> aus erschöpft ist; so<br />

empfinden wir Ekel <strong>und</strong> Unwillen: denn wir sehn uns<br />

getäuscht <strong>und</strong> um unsere Theilnahme <strong>und</strong> Aufmerksamkeit<br />

betrogen. Ganz befriedigt durch den Eindruck<br />

eines Kunstwerks sind wir nur dann, wann er etwas<br />

hinterläßt, das wir, bei allem Nachdenken darüber,<br />

nicht bis zur Deutlichkeit eines Begriffs herabziehn<br />

können. Das Merkmal jenes hybriden Ursprungs aus<br />

bloßen Begriffen ist, daß der Urheber eines Kunstwerks,<br />

ehe er an die Ausführung gieng, mit deutlichen<br />

Worten angeben konnte, was er darzustellen beabsichtigte:<br />

denn da wäre durch diese Worte selbst sein<br />

ganzer Zweck zu erreichen gewesen. Daher ist es ein<br />

so unwürdiges, wie albernes Unternehmen, wenn<br />

man, wie heut zu Tage öfter versucht worden, eine<br />

Dichtung Shakespeare's, oder Goethes, zurückführen<br />

will auf eine abstrakte Wahrheit, deren Mittheilung<br />

ihr Zweck gewesen wäre. Denken soll freilich der<br />

Künstler, bei der Anordnung seines Werkes; aber nur<br />

das Gedachte, was geschaut wurde ehe es gedacht<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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