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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63617 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 542<br />

lodien, ohne große Abirrungen, fröhlich; langsame,<br />

auf schmerzliche Dissonanzen gerathende <strong>und</strong> erst<br />

durch viele Takte sich wieder zum Gr<strong>und</strong>ton zurückwindende<br />

sind, <strong>als</strong> analog der verzögerten, erschwerten<br />

Befriedigung, traurig. <strong>Die</strong> Verzögerung der neuen<br />

<strong>Wille</strong>nsregung, der languor, würde keinen andern<br />

Ausdruck haben können, <strong>als</strong> den angehaltenen Gr<strong>und</strong>ton,<br />

dessen Wirkung bald unerträglich wäre: diesem<br />

nähern sich schon sehr monotone, nichtssagende Melodien.<br />

<strong>Die</strong> kurzen, faßlichen Sätze rascher Tanzmusik<br />

scheinen nur vom leicht zu erreichenden, gemeinen<br />

Glück zu reden; dagegen das Allegro maestoso,<br />

in großen Sätzen, langen Gängen, weiten Abirrungen,<br />

ein größeres, edleres Streben, nach einem fernen Ziel,<br />

<strong>und</strong> dessen endliche Erreichung bezeichnet. Das Adagio<br />

spricht vom Leiden eines großen <strong>und</strong> edlen Strebens,<br />

welches alles kleinliche Glück verschmäht,<br />

Aber wie w<strong>und</strong>ervoll ist die Wirkung von Moll <strong>und</strong><br />

Dur! Wie erstaunlich, daß der Wechsel eines halben<br />

Tones, der Eintritt der kleinen Terz, statt der großen,<br />

uns sogleich <strong>und</strong> unausbleiblich ein banges, peinliches<br />

Gefühl aufdringt, von welchem uns das Dur wieder<br />

eben so augenblicklich erlöst. Das Adagio erlangt<br />

im Moll den Ausdruck des höchsten Schmerzes, wird<br />

zur erschütterndesten Wehklage. Tanzmusik in Moll<br />

scheint das Verfehlen des kleinlichen Glückes, das<br />

man lieber verschmähen sollte, zu bezeichnen, scheint<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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