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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63593 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 518<br />

tung der Poesie ist. <strong>Die</strong> lyrische Gattung ist eben deshalb<br />

die leichteste, <strong>und</strong> wenn die Kunst sonst nur dem<br />

so seltenen ächten Genius angehört, so kann selbst<br />

der im Ganzen nicht sehr eminente Mensch, wenn in<br />

der That, durch starke Anregung von außen, irgend<br />

eine Begeisterung seine Geisteskräfte erhöht, ein<br />

schönes Lied zu Stande bringen: denn es bedarf dazu<br />

nur einer lebhaften Anschauung seines eigenen Zustandes<br />

im aufgeregten Moment, <strong>Die</strong>s beweisen viele<br />

einzelne Lieder übrigens unbekannt gebliebener Individuen,<br />

besonders die Deutschen Volkslieder, von<br />

denen wir im »W<strong>und</strong>erhorn« eine treffliche Sammlung<br />

haben, <strong>und</strong> eben so unzählige Liebes- <strong>und</strong> andere<br />

Lieder des Volkes in allen Sprachen. Denn die Stimmung<br />

des Augenblickes zu ergreifen <strong>und</strong> im Liede zu<br />

verkörpern ist die ganze Leistung dieser poetischen<br />

Gattung, Dennoch bildet in der lyrischen Poesie achter<br />

Dichter sich das innere der ganzen Menschheit ab,<br />

<strong>und</strong> Alles, was Millionen gewesener, seiender, künftiger<br />

Menschen, in den selben, weil stets wiederkehrenden,<br />

Lagen, empf<strong>und</strong>en haben <strong>und</strong> empfinden werden,<br />

findet darin seinen entsprechenden Ausdruck. Weil<br />

jene Lagen, durch die beständige Wiederkehr, eben<br />

wie die Menschheit selbst, <strong>als</strong> bleibende dastehn <strong>und</strong><br />

stets die selben Empfindungen hervorrufen, bleiben<br />

die lyrischen Produkte achter Dichter Jahrtausende<br />

hindurch richtig, wirksam <strong>und</strong> frisch. Ist doch über-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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