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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63598 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 523<br />

entfalten. Denn wie dem Chemiker nicht nur obliegt,<br />

die einfachen Stoffe <strong>und</strong> ihre Hauptverbindungen rein<br />

<strong>und</strong> acht darzustellen; sondern auch, sie dem Einfluß<br />

solcher Reagenzien auszusetzen, an welchen ihre Eigenthümlichkeiten<br />

deutlich <strong>und</strong> auffallend sichtbar<br />

werden; eben so liegt dem Dichter ob, nicht nur bedeutsame<br />

Charaktere wahr <strong>und</strong> treu, wie die Natur<br />

selbst, uns vorzuführen; sondern er muß, damit sie<br />

uns kenntlich werden, sie in solche Situationen bringen,<br />

in welchen ihre Eigenthümlichkeiten sich gänzlich<br />

entfalten <strong>und</strong> sie sich deutlich, in scharfen Umrissen<br />

darstellen, welche daher bedeutsame Situationen<br />

heißen. Im wirklichen Leben <strong>und</strong> in der Geschichte<br />

führt der Zufall nur selten Situationen von dieser Eigenschaft<br />

herbei, <strong>und</strong> sie stehn dort einzeln, verloren<br />

<strong>und</strong> verdeckt durch die Menge des Unbedeutsamen.<br />

<strong>Die</strong> durchgängige Bedeutsamkeit der Situationen soll<br />

den Roman, das Epos, das Drama vom wirklichen<br />

Leben unterscheiden, eben so sehr, <strong>als</strong> die Zusammenstellung<br />

<strong>und</strong> Wahl bedeutsamer Charaktere: bei<br />

Beiden ist aber die strengste Wahrheit unerläßliche<br />

Bedingung ihrer Wirkung, <strong>und</strong> Mangel an Einheit in<br />

den Charakteren, Widerspruch derselben gegen sich<br />

selbst, oder gegen das Wesen der Menschheit überhaupt,<br />

wie auch Unmöglichkeit, oder ihr nahe kommende<br />

Unwahrscheinlichkeit in den Begebenheiten,<br />

sei es auch nur in Nebenumständen, beleidigen in der<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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