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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65343 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2268<br />

<strong>Wille</strong> zum Leben, das principium individuationis<br />

durchschauend, sich selbst in allen seinen Erscheinungen<br />

wiedererkennt, sind demzufolge zuvörderst ein<br />

Anzeichen, ein Symptom, daß der erscheinende <strong>Wille</strong><br />

in jenem Wahn nicht mehr ganz fest befangen ist,<br />

sondern die Enttäuschung schon eintritt; so, daß man<br />

gleichnißweise sagen könnte, er schlage bereits mit<br />

den Flügeln, um davon zu fliegen. Umgekehrt, sind<br />

Ungerechtigkeit, Bosheit, Grausamkeit, Anzeichen<br />

des Gegentheils, <strong>als</strong>o der tiefsten Befangenheit in<br />

jenem Wahn. Nächstdem aber sind jene moralischen<br />

Tugenden ein Beförderungsmittel der Selbstverleugnung<br />

<strong>und</strong> demnach der Verneinung des <strong>Wille</strong>ns zum<br />

Leben. Denn die wahre Rechtschaffenheit, die unverbrüchliche<br />

Gerechtigkeit, diese erste <strong>und</strong> wichtigste<br />

Kardinaltugend, ist eine so schwere Aufgabe, daß,<br />

wer sich unbedingt <strong>und</strong> aus Herzensgr<strong>und</strong>e zu ihr bekennt,<br />

Opfer zu bringen hat, die dem Leben bald die<br />

Süße, welche das Genügen an ihm erfordert, benehmen<br />

<strong>und</strong> dadurch den <strong>Wille</strong>n von demselben abwenden,<br />

<strong>als</strong>o zur Resignation leiten. Sind doch eben was<br />

die Rechtschaffenheit ehrwürdig macht die Opfer,<br />

welche sie kostet: in Kleinigkeiten wird sie nicht bew<strong>und</strong>ert.<br />

Ihr Wesen besteht eigentlich darin, daß der<br />

Gerechte die Lasten <strong>und</strong> Leiden, welche das Leben<br />

mit sich bringt, nicht, durch List oder Gewalt, auf Andere<br />

wälzt, wie es der Ungerechte thut, sondern selbst<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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