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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64315 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1240<br />

schlechten ganz abgesehn, hat, wenn sie nicht durchaus<br />

empirischen Inhalts sind, der Verfasser zwar gedacht,<br />

aber nicht geschaut: er hat aus der Reflexion,<br />

nicht aus der Intuition geschrieben; <strong>und</strong> dies eben ist<br />

es, was sie mittelmäßig <strong>und</strong> langweilig macht. Denn<br />

was Jener gedacht hat, hätte der Leser, bei einiger Bemühung,<br />

allenfalls auch denken können: es sind nämlich<br />

eben vernünftige Gedanken, nähere Auseinandersetzungen<br />

des im Thema implicite Enthaltenen. Aber<br />

dadurch kommt keine wirklich neue Erkenntniß in die<br />

<strong>Welt</strong>: diese wird nur im Augenblick der Anschauung,<br />

der unmittelbaren Auffassung einer neuen Seite der<br />

Dinge, erzeugt. Wo daher, im Gegentheil, dem Denken<br />

eines Autors ein Schauen zum Gr<strong>und</strong>e lag; da ist<br />

es, <strong>als</strong> schriebe er aus einem Lande, wo der Leser<br />

nicht auch schon gewesen ist; da ist Alles frisch <strong>und</strong><br />

neu: denn es ist aus der Urquelle aller Erkenntniß unmittelbar<br />

geschöpft. Ich will den hier berührten Unterschied<br />

durch ein ganz leichtes <strong>und</strong> einfaches Beispiel<br />

erläutern. Jeder gewöhnliche Schriftsteller wird leicht<br />

das tiefsinnige Hinstarren, oder das versteinernde Erstaunen,<br />

dadurch schildern, daß er sagt: »Er stand wie<br />

eine Bildsäule«; aber Cervantes sagt: »wie eine bekleidete<br />

Bildsäule: denn der Wind bewegte seine<br />

Kleider.« (Don Quijote, B. 6, Kap. 19.) Solchermaaßen<br />

haben alle große Köpfe stets in Gegenwart der<br />

Anschauung gedacht <strong>und</strong> den Blick unverwandt auf<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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