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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63479 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 404<br />

ihre Krankheit besonders das Gedächtniß zu treffen;<br />

zwar nicht so, daß es ihnen ganz fehlte: denn Viele<br />

wissen Vieles auswendig <strong>und</strong> erkennen bisweilen Personen,<br />

die sie lange nicht gesehn, wieder; sondern<br />

vielmehr so, daß der Faden des Gedächtnisses zerrissen,<br />

der fortlaufende Zusammenhang desselben aufgehoben<br />

<strong>und</strong> keine gleichmäßig zusammenhängende<br />

Rückerinnerung der Vergangenheit möglich ist. Einzelne<br />

Scenen der Vergangenheit stehn richtig da, so<br />

wie die einzelne Gegenwart; aber in ihrer Rückerinnerung<br />

sind Lücken, welche sie dann mit Fiktionen ausfüllen,<br />

die entweder, stets die selben, zu fixen Ideen<br />

werden: dann ist es fixer Wahn, Melancholie; oder jedesmal<br />

andere sind, augenblickliche Einfälle; dann<br />

heißt es Narrheit, fatuitas. <strong>Die</strong>serhalb ist es so<br />

schwer, einem Wahnsinnigen, bei seinem Eintritt ins<br />

Irrenhaus, seinen frühem Lebenslauf abzufragen.<br />

Immer mehr nun vermischt sich in seinem Gedächtnisse<br />

Wahres mit F<strong>als</strong>chem. Obgleich die unmittelbare<br />

Gegenwart richtig erkannt wird, so wird sie verfälscht<br />

durch den fingirten Zusammenhang mit einer<br />

gewähnten Vergangenheit: sie halten daher sich selbst<br />

<strong>und</strong> Andere für identisch mit Personen, die bloß in<br />

ihrer fingirten Vergangenheit liegen, erkennen manche<br />

Bekannte gar nicht wieder, <strong>und</strong> haben so, bei richtiger<br />

<strong>Vorstellung</strong> des gegenwärtigen Einzelnen, lauter f<strong>als</strong>che<br />

Relationen desselben zum Abwesenden. Erreicht<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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