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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64998 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1923<br />

lange es schmerzlos ist, uninteressant ist, sobald es<br />

aber interessant wird, nicht ohne Schmerzen bleibt.<br />

Der früher in die Poesie <strong>als</strong> in die Wirklichkeit eingeweihte<br />

Jüngling verlangt nun von dieser, was nur jene<br />

leisten kann: dies ist eine Hauptquelle des Unbehagens,<br />

welches die vorzüglichsten Jünglinge drückt. –<br />

Metrum <strong>und</strong> Reim sind eine Fessel, aber auch eine<br />

Hülle, die der Poet um sich wirft, <strong>und</strong> unter welcher<br />

es ihm vergönnt ist zu reden, wie er sonst nicht dürfte:<br />

<strong>und</strong> das ist es, was uns freut. – Er ist nämlich für<br />

Alles was er sagt nur halb verantwortlich: Metrum<br />

<strong>und</strong> Reim müssen es zur andern Hälfte vertreten. –<br />

Das Metrum, oder Zeitmaaß, hat, <strong>als</strong> bloßer Rhythmus,<br />

sein Wesen allein in der Zeit, welche eine reine<br />

Anschauung a priori ist, gehört <strong>als</strong>o, mit Kant zu<br />

reden, bloß der reinen Sinnlichkeit an; hingegen ist<br />

der Reim Sache der Empfindung im Gehörorgan, <strong>als</strong>o<br />

der empirischen Sinnlichkeit. Daher ist der Rhythmus<br />

ein viel edleres <strong>und</strong> würdigeres Hülfsmittel, <strong>als</strong> der<br />

Reim, den die Alten demnach verschmähten, <strong>und</strong> der<br />

in den unvollkommenen, durch Korruption der früheren<br />

<strong>und</strong> in barbarischen Zeiten entstandenen Sprachen<br />

seinen Ursprung fand. <strong>Die</strong> Armsäligkeit französischer<br />

Poesie beruht hauptsächlich darauf, daß diese, ohne<br />

Metrum, auf den Reim allein beschränkt ist, <strong>und</strong> wird<br />

dadurch vermehrt, daß sie, um ihren Mangel an Mitteln<br />

zu verbergen, durch eine Menge pedantischer Sat-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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