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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64988 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1913<br />

Liebe sich schon giebt; so wird es hiemit wohl seine<br />

Richtigkeit haben. –<br />

Meine Lösung des Problems, warum der Laokoon<br />

nicht schreit, zu bekräftigen, diene noch Folgendes.<br />

Von der verfehlten Wirkung der Darstellung des<br />

Schreiens durch die Werke der bildenden, wesentlich<br />

stummen Künste, kann man sich faktisch überzeugen<br />

an einem auf der Kunstakademie zu Bologna befindlichen<br />

Bethlehemitischen Kindermord von Guido Reni,<br />

auf welchem dieser große Künstler den Mißgriff begangen<br />

hat, sechs schreiende M<strong>und</strong>aufreißer zu<br />

malen. – Wer es noch deutlicher haben will, denke<br />

sich eine pantomimische Darstellung auf der Bühne,<br />

<strong>und</strong> in irgend einer Scene derselben einen dringenden<br />

Anlaß zum Schreien einer der Personen: wollte nun<br />

der diese darstellende Tänzer das Geschrei dadurch<br />

ausdrücken, daß er eine Weile mit weit aufgesperrtem<br />

M<strong>und</strong>e dastände; so würde das laute Gelächter des<br />

ganzen Hauses die Abgeschmacktheit der Sache bezeugen.<br />

– Da nun demnach aus Gründen, welche nicht<br />

im darzustellenden Gegenstande, sondern im Wesen<br />

der darstellenden Kunst liegen, das Schreien des Laokoon<br />

unterbleiben mußte; so entstand hieraus dem<br />

Künstler die Aufgabe, eben dieses Nicht-Schreien zu<br />

motiviren, um es uns plausibel zu machen, daß ein<br />

Mensch in solcher Lage nicht schreie. <strong>Die</strong>se Aufgabe<br />

hat er dadurch gelöst, daß er den Schlangenbiß nicht<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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