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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63932 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 857<br />

Religion ist, in Europa wenigstens in der Philosophie<br />

zur Herrschaft zu verhelfen. Vor Kant <strong>als</strong>o waren wir<br />

in der Zeit; jetzt ist die Zeit in uns, u.s.f.<br />

Auch die Ethik war von jener realistischen Philosophie<br />

nach den Gesetzen der Erscheinung, die sie für<br />

absolute, auch vom Dinge an sich geltende hielt, behandelt<br />

worden, <strong>und</strong> daher bald auf Glücksäligkeitslehre,<br />

bald auf den <strong>Wille</strong>n des <strong>Welt</strong>schöpfers, zuletzt<br />

auf den Begriff der Vollkommenheit gegründet, welcher<br />

an <strong>und</strong> für sich ganz leer <strong>und</strong> inhaltslos ist, da er<br />

eine bloße Relation bezeichnet, die erst von den Dingen,<br />

auf welche sie angewandt wird, Bedeutung erhält,<br />

indem »vollkommen seyn« nichts weiter heißt<br />

<strong>als</strong> »irgend einem dabei vorausgesetzten <strong>und</strong> gegebenen<br />

Begriff entsprechen«, der <strong>als</strong>o vorher aufgestellt<br />

seyn muß, <strong>und</strong> ohne welchen die Vollkommenheit<br />

eine unbenannte Zahl ist <strong>und</strong> folglich allein ausgesprochen<br />

gar nichts sagt. Will man nun aber etwan<br />

dabei den Begriff der »Menschheit« zur stillschweigenden<br />

Voraussetzung machen <strong>und</strong> demnach zum<br />

Moralprincip setzen nach vollkommener Menschheit<br />

zu streben; so sagt man damit eben nur: »<strong>Die</strong> Menschen<br />

sollen seyn wie sie seyn sollen« – <strong>und</strong> ist so<br />

klug wie zuvor. »Vollkommen« nämlich ist beinahe<br />

nur das Synonym von »vollzählig«, indem es besagt,<br />

daß in einem gegebenen Fall, oder Individuo, alle die<br />

Prädikate, welche im Begriff seiner Gattung liegen,<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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