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Die Welt als Wille und Vorstellung

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64308 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1233<br />

kunftsmittel, jedem Vortheil, jedem Vorzug sich sofort<br />

auch neue Nachtheile anhängen; so führt auch die<br />

Vernunft, welche dem Menschen so große Vorzüge<br />

vor den Thieren giebt, ihre besondern Nachtheile mit<br />

sich <strong>und</strong> eröffnet ihm Abwege, auf welche das Thier<br />

nie gerathen kann. Durch sie erlangt eine ganz neue<br />

Art von Motiven, der das Thier unzugänglich ist,<br />

Macht über seinen <strong>Wille</strong>n; nämlich die abstrakten<br />

Motive, die bloßen Gedanken, welche keineswegs<br />

stets aus der eigenen Erfahrung abgezogen sind, sondern<br />

oft nur durch Rede <strong>und</strong> Beispiel Anderer, durch<br />

Tradition <strong>und</strong> Schrift, an ihn kommen. Dem Gedanken<br />

zugänglich geworden steht er sofort auch dem Irrthum<br />

offen. Allein jeder Irrthum muß, früher oder<br />

später, Schaden stiften, <strong>und</strong> desto größern, je größer<br />

er war. Den individuellen Irrthum muß, wer ihn hegt,<br />

ein Mal büßen <strong>und</strong> oft theuer bezahlen: das Selbe<br />

wird im Großen von gemeinsamen Irrthümern ganzer<br />

Völker gelten. Daher kann nicht zu oft wiederholt<br />

werden, daß jeder Irrthum, wo man ihn auch antreffe,<br />

<strong>als</strong> ein Feind der Menschheit zu verfolgen <strong>und</strong> auszurotten<br />

ist, <strong>und</strong> daß es keine privilegirte, oder gar sanktionirte<br />

Irrthümer geben kann. Der Denker soll sie angreifen;<br />

wenn auch die Menschheit, gleich einem<br />

Kranken, dessen Geschwür der Arzt berührt, laut<br />

dabei aufschrie. – Das Thier kann nie weit vom Wege<br />

der Natur abirren: denn seine Motive liegen allein in<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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