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Die Welt als Wille und Vorstellung

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65241 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 2166<br />

wird; in welchem letzteren Fall die Sache bisweilen<br />

einen komischen Anstrich gewinnt. – Jener Auftrag<br />

des in der Gattung sich objektivirenden <strong>Wille</strong>ns stellt,<br />

im Bewußtseyn des Verliebten, sich dar unter der<br />

Maske der Anticipation einer unendlichen Säligkeit,<br />

welche für ihn in der Vereinigung mit diesem weiblichen<br />

Individuo zu finden wäre. In den höchsten Graden<br />

der Verliebtheit wird nun diese Chimäre so strahlend,<br />

daß, wenn sie nicht erlangt werden kann, das<br />

Leben selbst allen Reiz verliert <strong>und</strong> nunmehr so freudenleer,<br />

schaal <strong>und</strong> ungenießbar erscheint, daß der<br />

Ekel davor sogar die Schrecken des Todes überwindet;<br />

daher es dann bisweilen freiwillig abgekürzt<br />

wird. Der <strong>Wille</strong> eines solchen Menschen ist in den<br />

Strudel des <strong>Wille</strong>ns der Gattung gerathen, oder dieser<br />

hat so sehr das Uebergewicht über den individuellen<br />

<strong>Wille</strong>n erhalten, daß, wenn solcher in ersterer Eigenschaft<br />

nicht wirksam seyn kann, er verschmäht, es in<br />

letzterer zu seyn. Das Individuum ist hier ein zu<br />

schwaches Gefäß, <strong>als</strong> daß es die, auf ein bestimmtes<br />

Objekt koncentrirte, unendliche Sehnsucht des <strong>Wille</strong>ns<br />

der Gattung ertragen könnte. In diesem Fall ist<br />

daher der Ausgang Selbstmord, bisweilen doppelter<br />

Selbstmord beider Liebenden; es sei denn, daß die<br />

Natur, zur Rettung des Lebens, Wahnsinn eintreten<br />

ließe, welcher dann mit seinem Schleier das Bewußtseyn<br />

jenes hoffnungslosen Zustandes umhüllt. – Kein<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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