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Die Welt als Wille und Vorstellung

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63862 Schopenhauer: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 787<br />

sophische Ausdruck derselben seyn mag. Das uns zunächst<br />

Liegende ist das Christenthum, dessen Ethik<br />

ganz in dem angegebenen Geiste ist <strong>und</strong> nicht nur zu<br />

den höchsten Graden der Menschenliebe, sondern<br />

auch zur Entsagung führt; welche letztere Seite zwar<br />

schon in den Schriften der Apostel <strong>als</strong> Keim sehr<br />

deutlich vorhanden ist, jedoch erst später sich völlig<br />

entwickelt <strong>und</strong> explicite ausgesprochen wird. Wir finden<br />

von den Aposteln vorgeschrieben: Liebe zum<br />

Nächsten, der Selbstliebe gleichwiegend, Wohlthätigkeit,<br />

Vergeltung des Hasses mit Liebe <strong>und</strong> Wohlthun,<br />

Geduld, Sanftmuth, Ertragung aller möglichen Beleidigungen<br />

ohne Widerstand, Enthaltsamkeit in der<br />

Nahrung zur Unterdrückung der Lust, Widerstand<br />

dem Geschlechtstriebe, wenn man es vermag, gänzlich.<br />

Wir sehn hier schon die ersten Stufen der Askesis,<br />

oder eigentlichen Verneinung des <strong>Wille</strong>ns, welcher<br />

letztere Ausdruck eben Das besagt, was in den<br />

Evangelien das Verleugnen seiner selbst <strong>und</strong> Aufsichnehmen<br />

des Kreuzes genannt wird. (Math. 16, 24. 25;<br />

Mark. 8, 34. 35; Luk. 9, 23. 24; 14, 26. 27. 33.)<br />

<strong>Die</strong>se Richtung entwickelte sich bald mehr <strong>und</strong> mehr<br />

<strong>und</strong> gab den Büßenden, den Anachoreten <strong>und</strong> dem<br />

Mönchthum den Ursprung, welcher an sich rein <strong>und</strong><br />

heilig war, aber eben darum dem größten Theil der<br />

Menschen ganz unangemessen, daher das sich daraus<br />

Entwickelnde nur Heuchelei <strong>und</strong> Abscheulichkeit<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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