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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64328 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1253<br />

sogar gefährlich, früher über einen Gegenstand zu<br />

lesen, <strong>als</strong> man selbst darüber nachgedacht hat. Denn<br />

da schleicht sich mit dem neuen Stoff zugleich die<br />

fremde Ansicht <strong>und</strong> Behandlung desselben in den<br />

Kopf, <strong>und</strong> zwar um so mehr, <strong>als</strong> Trägheit <strong>und</strong> Apathie<br />

anrathen, sich die Mühe des Denkens zu ersparen <strong>und</strong><br />

das fertige Gedachte anzunehmen <strong>und</strong> gelten zu lassen.<br />

<strong>Die</strong>s nistet sich jetzt ein, <strong>und</strong> fortan nehmen die<br />

Gedanken darüber, gleich den in Gräben geleiteten<br />

Bächen, stets den gewohnten Weg: einen eigenen,<br />

neuen zu finden, ist dann doppelt schwer. <strong>Die</strong>s trägt<br />

viel bei zum Mangel an Originalität der Gelehrten.<br />

Dazu kommt aber noch, daß sie vermeinen, gleich andern<br />

Leuten, ihre Zeit zwischen Genuß <strong>und</strong> Arbeit<br />

theilen zu müssen. Nun halten sie das Lesen für ihre<br />

Arbeit <strong>und</strong> eigentlichen Beruf, überfressen sich <strong>als</strong>o<br />

daran, bis zur Unverdaulichkeit. Da spielt nun nicht<br />

mehr bloß das Lesen dem Denken der Prävenire, sondern<br />

nimmt dessen Stelle ganz ein: denn sie denken<br />

an die Sachen auch gerade nur so lange, wie sie darüber<br />

lesen, <strong>als</strong>o mit einem fremden Kopf, nicht mit<br />

dem eigenen. Ist aber das Buch weggelegt, so nehmen<br />

ganz andere Dinge ihr Interesse viel lebhafter in Anspruch,<br />

nämlich persönliche Angelegenheiten, sodann<br />

Schauspiel, Kartenspiel, Kegelspiel, Tagesbegebenheiten<br />

<strong>und</strong> Geklatsch. Der denkende Kopf ist es dadurch,<br />

daß solche Dinge kein Interesse für ihn haben,<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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