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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63552 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 477<br />

Schauspielkunst: Laokoon auf der Bühne mußte<br />

schlechterdings schreien; auch läßt Sophokles den<br />

Philoktet schreien, <strong>und</strong> er wird auf der alten Bühne allerdings<br />

wirklich geschrien haben. Als eines ganz<br />

ähnlichen Falles, erinnere ich mich in London den berühmten<br />

Schauspieler Kemble, in einem aus dem<br />

Deutschen übersetzten Stück, Pizarro, den Amerikaner<br />

Rolla darstellen gesehn zu haben, einen Halbwilden,<br />

aber von sehr edlem Charakter: dennoch, <strong>als</strong> er<br />

verw<strong>und</strong>et wurde, schrie er laut <strong>und</strong> heftig auf, was<br />

von großer <strong>und</strong> vortrefflicher Wirkung war, weil es,<br />

<strong>als</strong> höchst charakteristisch, zur Wahrheit viel beitrug.<br />

– Hingegen ein gemalter oder steinerner stummer<br />

Schreier wäre noch viel lächerlicher, <strong>als</strong> gemalte<br />

Musik, die schon in Goethes Propyläen gerügt wird;<br />

da das Schreien dem übrigen Ausdruck <strong>und</strong> der<br />

Schönheit viel mehr Abbruch thut, <strong>als</strong> die Musik,<br />

welche meistens nur Hände <strong>und</strong> Arme beschäftigt <strong>und</strong><br />

<strong>als</strong> eine die Person charakterisirende Handlung anzusehn<br />

ist, ja insofern ganz füglich gemalt werden kann,<br />

sobald sie nur keine gewaltsame Bewegung des Körpers,<br />

oder Verziehung des M<strong>und</strong>es erfordert: so z.B.<br />

die heilige Cäcilia an der Orgel, Raphaels Violinspieler<br />

in der Gallerie Sciarra zu Rom u.a.m. – Weil nun<br />

<strong>als</strong>o, wegen der Gränzen der Kunst, der Schmerz des<br />

Laokoon nicht durch Schreien ausgedrückt werden<br />

durfte, mußte der Künstler jeden andern Ausdruck,<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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