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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63223 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 148<br />

Alle Verstellung ist Werk der Reflexion; aber auf<br />

die Dauer <strong>und</strong> unausgesetzt ist sie nicht haltbar: nemo<br />

potest personam diu ferre fictam, sagt Seneka, im<br />

Buche de clementia: auch wird sie dann meistens erkannt<br />

<strong>und</strong> verfehlt ihre Wirkung. Im hohen Lebensdrange,<br />

wo es schneller Entschlüsse, kecken Handelns,<br />

raschen <strong>und</strong> festen Eingreifens bedarf, ist zwar<br />

Vernunft nöthig, kann aber, wenn sie die Oberhand<br />

gewinnt <strong>und</strong> das intuitive, unmittelbare, rein verständige<br />

Ausfinden <strong>und</strong> zugleich Ergreifen des Rechten<br />

verwirrend hindert <strong>und</strong> Unentschlossenheit herbeiführt,<br />

leicht Alles verderben.<br />

Endlich geht auch Tugend <strong>und</strong> Heiligkeit nicht aus<br />

Reflexion hervor, sondern aus der Innern Tiefe des<br />

<strong>Wille</strong>ns <strong>und</strong> deren Verhältniß zum Erkennen. <strong>Die</strong>se<br />

Erörterung gehört an eine ganz andere Stelle dieser<br />

Schrift: nur so viel mag ich hier bemerken, daß die<br />

auf das Ethische sich beziehenden Dogmen in der<br />

Vernunft ganzer Nationen die selben seyn können,<br />

aber das Handeln in jedem Individuo ein anderes, <strong>und</strong><br />

so auch umgekehrt: das Handeln geschieht, wie man<br />

spricht, nach Gefühlen: d.h. eben nur nicht nach Begriffen,<br />

nämlich dem ethischen Gehalte nach. <strong>Die</strong><br />

Dogmen beschäftigen die müßige Vernunft: das Handeln<br />

geht zuletzt unabhängig von ihnen seinen Gang,<br />

meistens nicht nach abstrakten, sondern nach unausgesprochenen<br />

Maximen, deren Ausdruck eben der<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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