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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63911 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 836<br />

Dranges <strong>und</strong> Treibens, statt des steten Ueberganges<br />

von Wunsch zu Furcht <strong>und</strong> von Freude zu Leid, statt<br />

der nie befriedigten <strong>und</strong> nie ersterbenden Hoffnung,<br />

daraus der Lebenstraum des wollenden Menschen besteht,<br />

jener Friede, der höher ist <strong>als</strong> alle Vernunft,<br />

jene gänzliche Meeresstille des Gemüths, jene tiefe<br />

Ruhe, unerschütterliche Zuversicht <strong>und</strong> Heiterkeit,<br />

deren bloßer Abglanz im Antlitz, wie ihn Raphael<br />

<strong>und</strong> Correggio dargestellt haben, ein ganzes <strong>und</strong> sicheres<br />

Evangelium ist: nur die Erkenntniß ist geblieben,<br />

der <strong>Wille</strong> ist verschw<strong>und</strong>en. Wir aber blicken<br />

dann mit tiefer <strong>und</strong> schmerzlicher Sehnsucht auf diesen<br />

Zustand, neben welchem das Jammervolle <strong>und</strong><br />

Heillose unsers eigenen, durch den Kontrast, in vollem<br />

Lichte erscheint. Dennoch ist diese Betrachtung<br />

die einzige, welche uns dauernd trösten kann, wann<br />

wir einerseits unheilbares Leiden <strong>und</strong> endlosen Jammer<br />

<strong>als</strong> der Erscheinung des <strong>Wille</strong>ns, der <strong>Welt</strong>, wesentlich<br />

erkannt haben, <strong>und</strong> andererseits, bei aufgehobenem<br />

<strong>Wille</strong>n, die <strong>Welt</strong> zerfließen sehn <strong>und</strong> nur das<br />

leere Nichts vor uns behalten. Also auf diese Weise,<br />

durch Betrachtung des Lebens <strong>und</strong> Wandels der Heiligen,<br />

welchen in der eigenen Erfahrung zu begegnen<br />

freilich selten vergönnt ist, aber welche ihre aufgezeichnete<br />

Geschichte <strong>und</strong>, mit dem Stämpel innerer<br />

Wahrheit verbürgt, die Kunst uns vor die Augen<br />

bringt, haben wir den finstern Eindruck jenes Nichts,<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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