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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64439 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1364<br />

Kapitel 15.<br />

Von den wesentlichen Unvollkommenheiten des<br />

Intellekts<br />

Unser Selbstbewußtseyn hat nicht den Raum, sondern<br />

allein die Zeit zur Form: deshalb geht unser<br />

Denken nicht, wie unser Anschauen, nach drei Dimensionen<br />

vor sich, sondern bloß nach einer, <strong>als</strong>o auf<br />

einer Linie, ohne Breite <strong>und</strong> Tiefe. Hieraus entspringt<br />

die größte der wesentlichen Unvollkommenheiten unsers<br />

Intellekts. Wir können nämlich Alles nur successive<br />

erkennen <strong>und</strong> nur Eines zur Zeit uns bewußt werden,<br />

ja, auch dieses Einen nur unter der Bedingung,<br />

daß wir derweilen alles Andere vergessen, <strong>als</strong>o uns<br />

desselben gar nicht bewußt sind, mithin es so lange<br />

aufhört für uns dazuseyn. In dieser Eigenschaft ist<br />

unser Intellekt einem Teleskop mit einem sehr engen<br />

Gesichtsfelde zu vergleichen; weil eben unser Bewußtseyn<br />

kein stehendes, sondern ein fließendes ist.<br />

Der Intellekt apprehendirt nämlich nur successiv <strong>und</strong><br />

muß, um das Eine zu ergreifen, das Andere fahren lassen,<br />

nichts, <strong>als</strong> die Spuren von ihm zurückbehaltend,<br />

welche immer schwächer werden. Der Gedanke, der<br />

mich jetzt lebhaft beschäftigt, muß mir, nach einer<br />

kurzen Weile, ganz entfallen seyn: tritt nun noch eine<br />

wohldurchschlafene Nacht dazwischen; so kann es<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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