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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64997 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1922<br />

thun hat. Hieraus entspringt es, daß Sentenzen, besonders<br />

der dramatischen Dichter, selbst ohne generelle<br />

Aussprüche zu seyn, im wirklichen Leben häufige<br />

Anwendung finden. – Zur Philosophie verhält sich<br />

die Poesie, wie die Erfahrung sich zur empirischen<br />

Wissenschaft verhält. <strong>Die</strong> Erfahrung nämlich macht<br />

uns mit der Erscheinung im Einzelnen <strong>und</strong> beispielsweise<br />

bekannt: die Wissenschaft umfaßt das Ganze<br />

derselben, mittelst allgemeiner Begriffe. So will die<br />

Poesie uns mit den (Platonischen) Ideen der Wesen<br />

mittelst des Einzelnen <strong>und</strong> beispielsweise bekannt<br />

machen: die Philosophie will das darin sich aussprechende<br />

innere Wesen der Dinge im Ganzen <strong>und</strong> Allgemeinen<br />

erkennen lehren. – Man sieht schon hieran,<br />

daß die Poesie mehr den Charakter der Jugend, die<br />

Philosophie den des Alters trägt. In der That blüht die<br />

Dichtergabe eigentlich nur in der Jugend: auch die<br />

Empfänglichkeit für Poesie ist in der Jugend oft leidenschaftlich:<br />

der Jüngling hat Freude an Versen <strong>als</strong><br />

solchen <strong>und</strong> nimmt oft mit geringer Waare vorlieb.<br />

Mit den Jahren nimmt diese Neigung allmälig ab, <strong>und</strong><br />

im Alter zieht man die Prosa vor. Durch jene poetische<br />

Tendenz der Jugend wird dann leicht der Sinn<br />

für die Wirklichkeit verdorben. Denn von dieser unterscheidet<br />

die Poesie sich dadurch, daß in ihr das<br />

Leben interessant <strong>und</strong> doch schmerzlos an uns vorüberfließt;<br />

dasselbe hingegen in der Wirklichkeit, so<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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