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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64991 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1916<br />

Kapitel 37. 48<br />

Zur Aesthetik der Dichtkunst<br />

Als die einfachste <strong>und</strong> richtigste Definition der Poesie<br />

möchte ich diese aufstellen, daß sie die Kunst ist,<br />

durch Worte die Einbildungskraft ins Spiel zu versetzen.<br />

Wie sie dies zu Wege bringt, habe ich im ersten<br />

Bande, § 51, angegeben. Eine specielle Bestätigung<br />

des dort Gesagten giebt folgende Stelle aus einem<br />

seitdem veröffentlichten Briefe Wielands an Merck:<br />

»Ich habe drittehalb Tage über eine einzige Strophe<br />

zugebracht, wo im Gr<strong>und</strong>e die Sache auf einem einzigen<br />

Worte, das ich brauchte <strong>und</strong> nicht finden konnte,<br />

beruhte. Ich drehte <strong>und</strong> wandte das Ding <strong>und</strong> mein<br />

Gehirn nach allen Seiten; weil ich natürlicherweise,<br />

wo es um ein Gemälde zu thun ist, gern die nämliche<br />

bestimmte Vision, welche vor meiner Stirn schwebte,<br />

auch vor die Stirn meiner Leser bringen möchte, <strong>und</strong><br />

dazu oft, ut nosti, von einem einzigen Zuge, oder<br />

Drucker, oder Reflex, Alles abhängt.« (Briefe an<br />

Merck, herausgegeben von Wagner, 1835, S. 193.) –<br />

Dadurch, daß die Phantasie des Lesers der Stoff ist, in<br />

welchem die Dichtkunst ihre Bilder darstellt, hat diese<br />

den Vortheil, daß die nähere Ausführung <strong>und</strong> die feineren<br />

Züge in der Phantasie eines Jeden so ausfallen,<br />

wie es seiner Individualität, seiner Erkenntnißsphäre<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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