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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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64464 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 1389<br />

tiv in momentanes Wanken versetzen. Denn der relative<br />

Einfluß der Motive steht unter einem Gesetz, welches<br />

dem, nach welchem die Gewichte auf den Waagebalken<br />

wirken, gerade entgegengesetzt ist, <strong>und</strong> in<br />

Folge dessen ein sehr kleines, aber sehr nahe liegendes<br />

Motiv ein an sich viel stärkeres, jedoch aus der<br />

Ferne wirkendes, überwiegen kann. <strong>Die</strong> Beschaffenheit<br />

des Gemüthes aber, vermöge deren es diesem Gesetze<br />

gemäß sich bestimmen läßt <strong>und</strong> nicht, kraft der<br />

wirklich praktischen Vernunft, sich ihm entzieht, ist<br />

es, was die Alten durch animi impotentia bezeichneten,<br />

welches eigentlich ratio regendae voluntatis impotens<br />

bedeutet. Jeder Affekt (animi perturbatio) entsteht<br />

eben dadurch, daß eine auf unsern <strong>Wille</strong>n wirkende<br />

<strong>Vorstellung</strong> uns so übermäßig nahe tritt, daß<br />

sie uns alles Uebrige verdeckt, <strong>und</strong> wir nichts mehr<br />

<strong>als</strong> sie sehn können, wodurch wir, für den Augenblick,<br />

unfähig werden, das Anderweitige zu berücksichtigen.<br />

Ein gutes Mittel dagegen wäre, daß man<br />

sich dahin brächte, die Gegenwart unter der Einbildung<br />

anzusehn, sie sei Vergangenheit, mithin seiner<br />

Apperception den Briefstil der Römer angewöhnte.<br />

Vermögen wir doch sehr wohl, umgekehrt, das längst<br />

Vergangene so lebhaft <strong>als</strong> gegenwärtig anzusehn, daß<br />

alte, längst schlafende Affekte dadurch wieder zu vollem<br />

Toben erwachen. – Imgleichen würde Niemand<br />

sich über einen Unfall, eine Widerwärtigkeit, entrü-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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