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Arthur Schopenhauer - Die Welt als Wille und Vorstellung

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63681 <strong>Schopenhauer</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>als</strong> <strong>Wille</strong> <strong>und</strong> <strong>Vorstellung</strong> 606<br />

sich entwickelt <strong>und</strong> seine verschiedenen Züge hervortreten.<br />

Daher zeigt er sich in jedem Lebensalter verschieden,<br />

<strong>und</strong> auf eine heftige, wilde Jugend kann ein<br />

gesetztes, mäßiges, männliches Alter folgen. Besonders<br />

wird das Böse des Charakters mit der Zeit immer<br />

mächtiger hervortreten; bisweilen aber auch werden<br />

Leidenschaften, denen man in der Jugend nachgab,<br />

später freiwillig gezügelt, bloß weil die entgegengesetzten<br />

Motive erst jetzt in die Erkenntniß getreten<br />

sind. Daher auch sind wir Alle Anfangs unschuldig,<br />

welches bloß heißt, daß weder wir, noch Andere das<br />

Böse unserer eigenen Natur kennen: erst an den Motiven<br />

tritt es hervor, <strong>und</strong> erst mit der Zeit treten die Motive<br />

in die Erkenntniß. Zuletzt lernen wir uns selbst<br />

kennen, <strong>als</strong> ganz Andere, <strong>als</strong> wofür wir uns a priori<br />

hielten, <strong>und</strong> oft erschrecken wir dann über uns selbst.<br />

Reue entsteht nimmermehr daraus, daß (was unmöglich)<br />

der <strong>Wille</strong>, sondern daraus, daß die Erkenntniß<br />

sich geändert hat. Das Wesentliche <strong>und</strong> Eigentliche<br />

von Dem, was ich jem<strong>als</strong> gewollt, muß ich auch<br />

noch wollen: denn ich selbst bin dieser <strong>Wille</strong>, der<br />

außer der Zeit <strong>und</strong> der Veränderung liegt. Ich kann<br />

daher nie bereuen, was ich gewollt, wohl aber was ich<br />

gethan habe; weil ich, durch f<strong>als</strong>che Begriffe geleitet,<br />

etwas Anderes that, <strong>als</strong> meinem <strong>Wille</strong>n gemäß war.<br />

<strong>Die</strong> Einsicht hierin, bei richtigerer Erkenntniß, ist die<br />

Reue. <strong>Die</strong>s erstreckt sich nicht etwan bloß auf die Le-<br />

Digitale Bibliothek Band 2: Philosophie

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